FDA meldet Todesfall nach Stuhltransplantation mit multiresistenten Bakterien
Mit Stuhltransplantationen von gesunden Spendern auf kranke Empfänger versuchen Ärzte, bei Kranken eine gesündere Darmflora aufzubauen und so schwere Krankheiten zu heilen. Derzeit laufen weltweit viele klinische Studien, die die sogenannte Fäkale Mikrobiota-Transplantation (FMT) bei einer Reihe von Krankheiten als Therapie im Rahmen von klinischen Studien erproben [I], zum Beispiel bei Patienten mit chronisch wiederkehrenden Darmerkrankungen, die durch das Bakterium Clostridium difficile verursacht werden [II].
Leiterin der AG Klinische Mikrobiomforschung, Klinik I für Innere Medizin, Uniklinik Köln und Leiterin des Schwerpunktes Infektiologie, Zentrum für Innere Medizin am Universitätsklinikum Frankfurt
„Es gibt bisher leider von Seiten der FDA zu wenig Informationen, um die beiden aufgetreten Fälle kompetent einschätzen zu können. Auch mangelt es an Angaben, im Rahmen welcher klinischen Studien die Fäkalen Mikrobiota-Transplantationen (FMT) erfolgten und aufgrund welcher Erkrankungen. Es handelte sich offenbar um immunsuprimierte Patienten, aber die Art und das Ausmaß der Immunsupression werden nicht weiter definiert. Außerdem stellt sich die Frage, warum die Spender nicht auf eine Kolonisation mit multiresistenten Bakterien hin gescreent wurden. War dies nicht Teil des Studienprotokolls oder wurde es versäumt?“
„In Deutschland ist aktuell eine interventionelle Studie aktiv, die den Einsatz von FMT zur Behandlung einer Immunreaktion nach Stammzelltransplantation prüft. In dieser Studie werden allerdings alle Spender bezüglich der Kolonisierung mit multiresistenten Bakterien geprüft und entsprechend ausgeschlossen. Mehrere andere deutsche Zentren arbeiten an der Genehmigung von klinischen Studien, bei denen FMT-Präparate zum Einsatz kommen sollen. Auch an der Uniklinik Köln arbeiten wir an einer Herstellungserlaubnis nach dem Arzneimittelgesetz. Nach einer Genehmigung der Herstellung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel könnten diese Studien theoretisch starten. Nach meinem Wissen ist auch in diesen Studien im Rahmen des Spenderscreenings der Ausschluss einer Kolonisierung mit multiresistenten Bakterien vorgesehen. Insgesamt sind die Sicherheitsanforderungen an Studien mit FMT Präparaten in Deutschland sehr hoch, sodass ich hier zuversichtlich bin, dass solche Komplikationen vermieden werden können.“
„Allerdings gibt es natürlich auch Therapien, die außerhalb von Studien als individuelle Heilversuche durchgeführt werden. Im Rahmen eines individuellen Heilversuches ist die Herstellung und Verabreichung eines FMTs durch den behandelnden Arzt im Rahmen des Arzneimittelgesetzes möglich. In diesem Kontext gibt es allerdings keine strengen regulatorischen Vorgaben bezüglich des Spenderscreenings. Im Rahmen von individuellen Heilversuchen werden Fäkale Mikrobiota-Transfers bereits in vielen Kliniken in Deutschland angeboten. Dabei geht es meist um Patienten, die unter rezidivierenden Clostridium difficile-Infektionen leiden. In Bezug auf die FDA Meldung würde ich Patienten, die eine solche Therapie anstreben, raten, sich nach dem Prozedere des Spenderscreenings im Rahmen der Aufklärung genau zu erkundigen.“
Alle: Keine Angaben erhalten.
Primärquelle
Literaturstellen, die von den Expert:innen zitiert wurden
[I] Website ClinicalTrials.gov (2019): Fecal microbiota transplantation.
[II] Lübbert C et al. (2014): Clostridium-difficile-Infektion - Leitliniengerechte Diagnostik- und Behandlungsoptionen. Dtsch Arztebl Int; 111(43): 723-31; DOI: 10.3238/arztebl.2014.0723
[III] Food and Drug Administration Center for Biologics Evaluation and Research (2013): Guidance for Industry: Enforcement Policy Regarding Investigational New Drug Requirements for Use of Fecal Microbiota for Transplantation to Treat Clostridium difficile Infection Not Responsive to Standard Therapies.
[IV] New York Times (2019): Fecal Transplant Is Linked to a Patient’s Death, the F.D.A. Warns.
[V] Tariq R et al. (2019): Low Cure Rates in Controlled Trials of Fecal Microbiota Transplantation for Recurrent Clostridium difficile Infection: A Systematic Review and Meta-analysis. Clin Infect Dis.;68(8):1351-1358. doi: 10.1093/cid/ciy721.
PD Dr. Maria Vehreschild
Leiterin der AG Klinische Mikrobiomforschung, Klinik I für Innere Medizin, Uniklinik Köln und Leiterin des Schwerpunktes Infektiologie, Zentrum für Innere Medizin am Universitätsklinikum Frankfurt