Energie & Mobilität

17. Januar 2025

Ausreichend Strom trotz Dunkelflaute – Wie Kapazitätsmechanismen helfen könnten

Anlass

Windräder und Solaranlagen liefern inzwischen knapp die Hälfte der jährlichen Nettostromerzeugung in Deutschland und prägen durch ihre wetterbedingte Produktion das Stromsystem [1]. Bestehende Kohle-, Gas- und Pumpspeicherkraftwerke können die Schwankungen in gewissem Maß ausgleichen und auch in windstillen und dunklen Zeiten ausreichend Strom liefern. Mit dem geplanten Ausbau der erneuerbaren Energien und dem beschlossenen Kohleausstieg verändern sich aber die Voraussetzungen [2].

Ein Stromsystem, in dem Solar- und Windkraftanlagen die Haupterzeuger sind, braucht für eine jederzeit sichere Stromversorgung Ausgleichsmechanismen. Dabei kann eine ganze Reihe von Optionen helfen. Beispielsweise könnte sich der Stromverbrauch von Haushalten und Industrien in Zukunft stärker an die Menge des vorhandenen Stroms anpassen – etwa mithilfe von Batterien, industriellen Zwischenprodukten oder Speichertechnologien für Raum- und Prozesswärme. In Situationen, in denen Wind und Sonne über Tage hinweg nicht ausreichend Energie liefern – auch Dunkelflauten genannt [14] – müssen darüber hinaus andere Stromerzeuger einspringen. Nach dem Kohleausstieg können das beispielsweise flexible Wasserstoffkraftwerke, Gas-, Biogas- oder Pumpspeicherkraftwerke sein. Batterien können kürzere Perioden mit geringer Stromerzeugung überbrücken [3][4].

Vor etwa zehn Jahren wurde bereits diskutiert, ob das Strommarkt-Design weiterhin für das hohe Niveau der Versorgungssicherheit sorgen kann, das Firmen und Haushalte in Deutschland gewohnt sind – oder ob es neue finanzielle Anreize für die Ausgleichsmechanismen braucht. Helfen könnten Kapazitätsmechanismen, die dafür sorgen sollen, dass jederzeit genügend Erzeugungs-Kapazitäten für den nachgefragten Strom vorhanden sind. Viele Forschende sahen die Versorgungssicherheit damals noch nicht gefährdet und stuften die Diskussion als verfrüht ein [5][6].

Heute hat sich die Situation jedoch geändert und die meisten Forschenden sind sich einig, dass der Strommarkt angepasst werden sollte. Die Ampelregierung hat die Diskussion wieder angestoßen, welcher Kapazitätsmechanismus für Deutschland am besten geeignet sein könnte [7][8][9][10]. Ob und welche Option weiterverfolgt und umgesetzt wird, muss die kommende Regierung entscheiden. Neben den Kapazitätsmechanismen können weitere Maßnahmen zu einem stabilen System beitragen, etwa der grenzüberschreitende Stromhandel oder der Netzausbau.

Dieses Fact Sheet fasst zusammen, welche Kapazitätsmechanismen für Deutschland diskutiert werden und beleuchtet deren mögliche Vor- und Nachteile.

Übersicht

  • Der Strommarkt und das Missing-Money-Problem
  • Versorgungssicherheit
  • Theoretische Marktbedingungen
  • Reale Marktbedingungen
  • Diskutierte Kapazitätsmechanismen
  • Zentraler Kapazitätsmarkt
  • Dezentraler Kapazitätsmarkt
  • Kombinierter Kapazitätsmarkt
  • Erweiterung der Kapazitätsreserve
  • Verpflichtung der Stromversorger zur Absicherung auf Terminmärkten
  • Literaturstellen, die zitiert wurden

Der Strommarkt und das Missing-Money-Problem

  • Der deutsche Strommarkt ist im Wesentlichen ein Energy-Only-Markt:
  • das bedeutet, dass Anbieter auf dem Großhandelsmarkt nur dann Geld bekommen, wenn sie tatsächlich Strom produzieren
  • Anbieter bekommen kein Geld für vorgehaltene Kapazitäten, also für die Möglichkeit Strom produzieren zu können, falls dies nötig wird
  • zusätzlich werden in der sogenannten Kapazitätsreserve Kraftwerke für kritische Situationen vorgehalten; am alltäglichen Strommarkt nehmen sie nicht teil

Versorgungssicherheit

  • der wachsende Anteil von Photovoltaik (PV)- und Windkraftanlagen an der Stromerzeugung bietet für die Versorgungssicherheit neue Herausforderungen
  • denn während Kohlekraftwerke früher konstante Mengen Strom lieferten, hängt die Erzeugung von erneuerbaren Energien vom Wetter ab:
    • teils gibt es große Mengen an sehr günstigem Strom
    • in anderen Phasen kann der Bedarf nicht allein durch Wind und Sonne gedeckt werden – selbst wenn die erneuerbaren Energien weiter ausgebaut werden
  • so befand sich Deutschland beispielsweise Mitte Dezember 2024 in einer sogenannten Dunkelflaute. Wie in der nachfolgenden Grafik zu sehen, produzierten über einige Tage hinweg sowohl Wind- als auch PV-Anlagen außergewöhnlich wenig Strom.

Theoretische Marktbedingungen

  • Prinzipiell könnte der Strommarkt allein dafür sorgen, dass genug Energieerzeuger und -speicher – also beispielsweise Kraftwerke, Windräder, Solaranlagen und Batterien – gebaut werden, um in jeder Situation ausreichend Strom zu produzieren:
  • denn: Je weniger Strom verfügbar ist, desto höher wird der Strompreis
  • so kann es sich auch lohnen, Kraftwerke zu bauen, die hohe Kosten für die Stromproduktion haben – wie beispielsweise Gaskraftwerke
  • meistens kommen sie nicht zum Einsatz, weil etwa Solarstrom günstiger ist. In wenigen Stunden im Jahr – wenn Wind und Sonne fehlen – wäre der Strompreis aber so hoch, dass sich die Anlagen trotzdem insgesamt pro Jahr rentieren

Reale Marktbedingungen

  • Die Marktbedingungen in Deutschland unterscheiden sich jedoch von denen eines theoretischen Marktes:
  • Spitzenpreise am Großhandelsmarkt in Deutschland werden reguliert – durch Preisobergrenzen, Marktaufsicht und ergänzende Mechanismen
  • zusätzlich zeigt das Beispiel der Strompreisbremse während der Gaskrise mit der Abschöpfung von Übergewinnen, dass hohe Knappheitspreise politische Maßnahmen auslösen können [12]
  • so sollen exzessive Preisschwankungen verhindert und die Marktstabilität gesichert werden
  • Kraftwerke, die Wind und Sonne ergänzen und nur wenige Stunden im Jahr laufen, brauchen jedoch in diesen seltenen Zeiten sehr hohe Strompreise, um sich finanziell zu lohnen
  • die politische Regulierung kann dazu führen, dass Strompreise und Erlöse für Investoren nicht planbar sind und damit Ursache für das sogenannte Missing-Money-Problem sein
  • die erwarteten Erlöse am Strommarkt reichen dann für Investoren unter Umständen nicht aus, um genügend Kraftwerke zu finanzieren
  • in dem Fall sind zusätzliche Anreize nötig, um auch in seltenen Ausnahmesituationen die Möglichkeit zu haben, ausreichend Strom zu erzeugen

Diskutierte Kapazitätsmechanismen

  • die meisten Expertinnen und Experten sind sich heute einig, dass das sehr hohe Niveau der Versorgungssicherheit in Deutschland durch die aktuelle Ausgestaltung des Strommarktes dauerhaft nicht sicher gehalten werden kann
  • deshalb sind Reformen des Strommarktes nötig und es werden unter anderem verschiedene Kapazitätsmechanismen diskutiert, die es in einigen anderen Ländern bereits gibt
  • grundsätzlich gilt: Je höher die angestrebte Versorgungssicherheit, desto höher die Kosten für das Gesamtsystem und damit für alle Stromkunden
  • die Ausgestaltung einer Strommarkt-Reform ist also immer eine Abwägungsfrage zwischen Kosten und Sicherheit
  • die diskutierten Kapazitätsmechanismen zielen vor allem darauf ab, durch Finanzierungsanreize oder Regularien neue Flexibilitäten zu schaffen, dazu gehören unter anderem:
  • Stromangebot:
    • neue flexible Kraftwerke (zum Beispiel Gaskraftwerke) oder Stromspeicher (zum Beispiel Batterien) können gebaut und ins Netz integriert werden und dann einspringen, wenn Wind und Sonne wenig Strom liefern
    • Batterien können kurze Zeiträume überbrücken, für längere Dunkelflauten sind Gas- oder Wasserstoffkraftwerke eine Möglichkeit [2]
  • Stromnachfrage:
    • Industriebetriebe können mithilfe von Zwischenprodukten, modularisierten Prozessen oder Strom- und Wärmespeichern ihren Strombezug in gewissen Grenzen an das Angebot anpassen [13]
    • Haushalte können beispielsweise das Laden von E-Autos und den Strombezug von Wärmepumpen in begrenztem Maß zeitlich verschieben
    • laut Experten liegt in flexibler Nachfrage von Strom ein großes bisher ungenutztes Potenzial für das zukünftige Stromsystem [4][10]

Zentraler Kapazitätsmarkt [7][11]

  • Grundidee:
    • ein zentraler Akteur ermittelt mithilfe von Prognosen, wie viel steuerbare Kapazität für die kommenden Jahre benötigt wird
    • in Deutschland könnten entweder die Bundesnetzagentur oder die vier Übertragungsnetzbetreiber diese Aufgabe übernehmen
    • die benötigte Menge wird über Auktionen ausgeschrieben
    • Kraftwerke und Speicher können Kapazitäten anbieten; flexible Stromverbraucher können sich mit dem Angebot, ihren Stromverbrauch in entsprechenden Zeiten zu reduzieren, beteiligen
    • allerdings prüft der zentrale Akteur die technischen Voraussetzungen der Bietenden vor der Auktion (Präqualifikation)
    • Anbieter, die eine bestimmte Leistung am günstigsten vorhalten können, bekommen den Zuschlag und damit eine jährliche Kapazitätszahlung für eine vereinbarte Laufzeit (zum Beispiel 15 Jahre)
  • Bereits umgesetzt in:
    • Polen, Irland, Belgien, Italien (mit dezentralen Elementen)
  • Vorteile:
    • der zentrale Kapazitätsmarkt ist ein etabliertes Konzept, in anderen Ländern wurden bereits Erfahrungen damit gesammelt
    • durch die langfristige Planung und die festen Kapazitätszahlungen haben Firmen eine hohe Investitionssicherheit
    • das System hat eine vergleichsweise geringe Komplexität
    • der zentrale Akteur könnte beeinflussen, wo neue Kraftwerke gebaut werden und damit Beschränkungen des Stromtransportes im Netz beachten
  • Nachteile:
    • für viele Jahre im Voraus abzuschätzen, wie viele Kapazitäten benötigt werden, ist schwierig: Es ist beispielsweise unsicher, wie hoch genau der Stromverbrauch in Zukunft sein wird und in welcher Größenordnung sich der Verbrauch an das Angebot anpassen wird (flexible Nachfrage)
    • Regulierer wollen tendenziell auf der sicheren Seite sein und auf keinen Fall Stromausfälle verantworten müssen – das führt dazu, dass zentrale Kapazitätsmärkte eher überdimensioniert sind, mit zu hohen Kosten für alle Stromkunden
    • durch die Qualifikations-Anforderungen werden in zentralen Kapazitätsmärkten meist konventionelle Kraftwerke (zum Beispiel Gaskraftwerke) bevorzugt, Batterien oder flexibler Stromverbrauch haben es bei den Auktionen schwerer
    • die langfristige Planung und Ausschreibung der Kapazitäten führt dazu, dass der Mechanismus weniger anpassungsfähig und innovationsoffen ist
    • außerdem werden Spitzenpreise durch die steuerbaren Kraftwerke abgefedert, der Anreiz für flexible Erzeugung oder flexiblen Verbrauch außerhalb des Kapazitätsmarktes sinkt

Dezentraler Kapazitätsmarkt [7][11]

  • Grundidee:
    • die Stromversorger werden verpflichtet, sich für den Strombedarf ihrer Kunden mit genügend steuerbaren Kapazitäten einzudecken
    • dafür haben sie zwei Möglichkeiten:
      • sie können Zertifikate von Anbietern steuerbarer Kapazität kaufen
      • sie können mit finanziellen Anreizen dafür sorgen, dass Stromkunden ihren Verbrauch in Knappheitssituationen zeitlich verschieben (Selbsterfüllung). Damit senken sie die Menge der nötigen Zertifikate.
    • die Zertifizierung der steuerbaren Kapazitäten wird von einer zentralen Stelle – zum Beispiel von den Übertragungsnetzbetreibern – durchgeführt
    • Stromversorger müssen am Ende jeden Jahres nachweisen, dass sie genügend Kapazitätszertifikate besitzen
    • die Berechnung funktioniert dabei rückwirkend: So würde beispielsweise für das Jahr 2024 analysiert, wann der Stromverbrauch in ganz Deutschland am höchsten war – das ist die sogenannte Systemspitzenlast. Die untenstehende Grafik zeigt den gesamten Stromverbrauch in Deutschland im Zeitraum rund um die Systemspitzenlast in blau. In grün ist der fiktive Stromverbrauch eines beispielhaften Stromversorgers abgebildet. Der Stromversorger muss am Ende des Jahres 2024 so viele Zertifikate nachweisen, wie er zur Systemspitzenlast Leistung an seine Kunden geliefert hat.

  • Bereits umgesetzt in:
    • Frankreich (später mit zentralen Elementen ergänzt)
  • Vorteile:
    • auch dezentrale Flexibilitäten wie beispielsweise Batterien sollen sich zertifizieren lassen können und werden so womöglich besser genutzt als im zentralen Kapazitätsmarkt
    • flexibler Stromverbrauch von Kunden muss gar nicht erst durch ein Präqualifikations-Verfahren und könnte somit einfacher berücksichtigt werden
  • Nachteile:
    • hoher Aufwand für zentralen Akteur: Die steuerbaren Kapazitäten müssen zertifiziert, das tatsächliche Vorhalten der Kapazität überprüft und gegebenenfalls Strafzahlungen erhoben werden
    • im Gegensatz zu den langfristigen Auktionen beim zentralen Mechanismus werden nur kurzfristige Preise für die Zertifikate ermittelt, ob die Versorgungssicherheit wirklich gestärkt wird, bleibt deshalb unklar
    • in Frankreich führten stark schwankende Preise der Zertifikate dazu, dass Anbieter von steuerbaren Kapazitäten schlecht planen konnten; der dezentrale Kapazitätsmarkt wurde dort später durch zentrale Elemente ergänzt
    • so ermittelt beispielsweise der Übertragungsnetzbetreiber in Frankreich nun benötigte Kapazitäten, zusätzliche Kapazitäten werden zentral ausgeschrieben und die Preise für die Zertifikate werden gedeckelt

Kombinierter Kapazitätsmarkt [8][9]

  • Grundidee:
    • ein kombinierter Kapazitätsmarkt soll die Vorteile aus dem zentralen und dem dezentralen Kapazitätsmarkt miteinander verbinden
      • langfristige Förderverträge bieten Investitionssicherheit für benötigte neue Kraftwerke (zentrales Segment)
      • Stromversorger müssen sich mit Zertifikaten für ihre benötigten Kapazitäten absichern. Das soll Anreize schaffen, den Stromverbrauch in kritischen Zeiten zu reduzieren – die Möglichkeiten dafür sind vielfältig (dezentrales Segment)
    • die Kraftwerke aus dem zentralen Segment werden ebenfalls für den dezentralen Markt zertifiziert. Der Erlös aus den verkauften Zertifikaten fließt in die Refinanzierung des zentralen Segments
    • dies ist die Option, die vom Bundeswirtschaftsministerium der Ampelregierung vorgeschlagen wurde
  • Bereits umgesetzt in:
    • unterschiedliche Kombinationsmodelle in Frankreich, Italien, UK und USA
  • Vorteile:
    • siehe Abschnitte zu zentralem und dezentralem Kapazitätsmechanismus
  • Nachteile:
    • ein kombinierter Kapazitätsmarkt kombiniert nicht nur die Vorteile beider Mechanismen, sondern auch deren Nachteile, wie zum Beispiel die Gefahr der teuren Überdimensionierung oder der Bevorzugung von Gaskraftwerken
    • außerdem wurde das vorgeschlagene Kombinationsmodell der Ampelregierung vielfach als sehr komplex und bürokratisch aufwendig kritisiert
    • die Komplexität kann die Transparenz für Marktteilnehmer reduzieren und die Umsetzungskosten steigern
    • die subventionierten zentralen Kapazitäten können die Attraktivität des dezentralen Marktes mindern und kurzfristige zentrale Eingriffe könnten die Planungssicherheit für dezentrale Akteure verringern

Erweiterung der Kapazitätsreserve [11]

  • Grundidee:
    • in Deutschland gibt es schon eine Kapazitätsreserve, auch strategische Reserve genannt
    • darin sind Kraftwerke enthalten (vor allem alte Gaskraftwerke), die einspringen sollen, wenn der Strom nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken
    • die Übertragungsnetzbetreiber haben diese Kraftwerke durch Auktionen gekauft
    • momentan befinden sich 1,2 Gigawatt in der Kapazitätsreserve, angestrebt sind 2 Gigawatt
    • die Kraftwerke kämen zum Einsatz, wenn der Strompreis bei über 3.000 € pro Megawattstunde im day-ahead-Markt liegen würde (Auslösepreis), das war seit der Einführung 2020 noch nie der Fall
    • bei der diskutierten Erweiterung der Kapazitätsreserve könnte die Menge der Kapazitäten in der Reserve erhöht und der Auslösepreis verringert werden, zum Beispiel auf 500 € pro Megawattstunde
  • Bereits umgesetzt in:
    • die Reform wäre eine Erweiterung der in Deutschland bereits bestehenden Kapazitätsreserve
  • Vorteile:
    • etabliertes Konzept, wäre schnell umzusetzen
    • extreme Preisspitzen im Strommarkt werden vermieden
    • bis zum Auslösepreis werden Schwankungen im Strompreis zugelassen, sodass sich Investitionen in steuerbare Kapazitäten oder Lastverschiebungen innerhalb dieses Rahmens lohnen können
    • Regulierer könnten beeinflussen, aus welchen Regionen Kraftwerke in die Kapazitätsreserve aufgenommen werden und damit Beschränkungen des Stromtransportes im Netz beachten
  • Nachteile:
    • es ist eine Herausforderung den Auslösepreis passend festzulegen, denn:
      • bei zu niedrigem Auslösepreis würden Investitionen in andere, günstigere Flexibilitäten verhindert
      • bei zu hohem Auslösepreis werden extreme Preisspitzen riskiert, die politisch möglicherweise nicht durchgehalten werden können. So schwindet das Vertrauen in die Regulierung und damit ebenfalls die Investitionssicherheit
    • auch bei diesem Mechanismus besteht die Gefahr der teuren und ineffizienten Überdimensionierung; die Kosten würden voraussichtlich durch Steuern oder Umlagen bezahlt
    • Reserven basieren oft auf konventionellen Kraftwerken (zum Beispiel auf Gaskraftwerken), der Druck, in klimafreundliche Technologien zu investieren, könnte verringert werden
    • da die Reserve vom Markt isoliert ist und nur in definierten Extremfällen aktiv wird, kann sie nicht zur Stabilisierung im täglichen Betrieb beitragen
    • die staatliche Verwaltung der Reserven kann zu bürokratischen Verzögerungen und ineffizienten Entscheidungen führen

Verpflichtung der Stromversorger zur Absicherung auf Terminmärkten [7]

  • Grundidee:
    • die EU fordert bereits, dass sich Stromversorger in gewissem Rahmen für ihren zukünftigen Strombedarf auf Terminmärkten absichern – also auf Märkten, an denen man ein bis drei Jahre vorab Garantien für zukünftige Stromlieferungen kaufen kann
    • oft steht hinter den Absicherungen keine physische Möglichkeit zur Stromerzeugung, sondern eine Art Versicherungsprodukt – Versicherer zahlen den Stromversorgern in Zeiten sehr hoher Strompreise die Differenz zwischen einem festgelegten Betrag und dem aktuell hohen Strompreis
    • diese Absicherungspflichten könnten erweitert werden – sodass Energieversorger dazu verpflichtet sind, einen wachsenden Anteil ihrer Stromlieferungen auf Terminmärkten abzusichern
    • die zusätzliche Nachfrage nach sicherer Stromerzeugung soll dann zu Investitionen in flexible Kraftwerksleistung und flexible Nachfrage führen
  • Bereits umgesetzt in:
    • der Mechanismus wäre eine geforderte Absicherung auf neuem Niveau – mit konkreten Vorgaben und Kontrollmechanismen
  • Vorteile:
    • für die Absicherungsprodukte ist (im Gegensatz zu den Kapazitätsmärkten) keine Präqualifikation nötig
    • daraus ergibt sich eine große Offenheit für kleinere und innovativere Möglichkeiten und eine Anpassungsfähigkeit an Technologieentwicklungen
  • Nachteile:
    • das Abschätzen des zukünftigen Strombedarfs ist für die Versorger schwierig, unter anderem weil Kunden den Anbieter wechseln können
    • damit sich alle Versorger an die Vorlagen halten, ist eine effektive Kontrolle nötig
    • weil die Versorger sich über unterschiedlichste Verträge absichern können, ist die Kontrolle sehr schwierig
    • befürchtet werden komplexe Vorgehen von Versorgern, um die Vorlagen möglichst günstig zu erfüllen, ohne sich tatsächlich hoch genug abzusichern
    • die Stromversorger sichern sich nur wenige Jahre im Voraus ab, für Investoren mit längeren Planungshorizonten gibt es wenig Planungssicherheit

Literaturstellen, die zitiert wurden