Das Global Carbon Budget 2024
CO2-Emissionen steigen im Jahr 2024 um 0,8 Prozent auf Rekordwert von 37,4 Milliarden Tonnen
Emissionsanstieg in Indien (+4,6 Prozent), China (+0,2 Prozent), Einsparungen in den USA (-0,6 Prozent) und der EU (-3,8 Prozent)
Fachleute sehen trotzdem positive Entwicklungen: insgesamt verlangsamt sich der Zuwachs, Emissionen aus Nutzung von Kohle steigen nur marginal
Die CO2-Emissionen sind auch im Jahr 2023 weiter gestiegen und liegen nun um 0,8 Prozent höher als im Vorjahr. Insgesamt wurden im aktuellen Jahr 37,4 Gigatonnen des Treibhausgases ausgestoßen. Hinzu kommen Emissionen aus der Landnutzung, die vor allem auf die Abholzung tropischer Regenwälder zurückzuführen sind und sich auf weitere 4,2 Gigatonnen CO2 belaufen. Bereits in sechs Jahren wäre somit das verbliebene Kohlenstoffbudget aufgebraucht, das noch für die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels zur Verfügung steht, wenn das Niveau der Emissionen nicht sinkt. Zu diesem Ergebnis kommt das „Global Carbon Budget 2024“, das soeben im Fachjournal „Earth System Science Data“ veröffentlicht wurde (siehe Primärquelle).
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Das Transkript können Sie hier als pdf herunterladen.
Das SMC hat die Expertinnen und Experten am Ende des Press Briefings folgende Frage gestellt: Sehen Sie weitere Entwicklungen in den Emissionsdaten, die Ihnen Hoffnung machen? Und wenn ja, welche? Die Antworten möchten wir Ihnen nachfolgend als Statements zur Verfügung stellen.
Stellvertretende Leiterin der Sektion Marine Biogeowissenschaften, Fachbereich Biowissenschaften, Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), Bremerhaven, und Leiterin der Helmholtz-Nachwuchsgruppe Marine Carbon and Ecosystem Feedbacks in the Earth System (MarESys), und Autorin des Global Carbon Budgets
„Wir zeigen in diesem Bericht, dass es 22 Länder gibt, die ihre Emissionen reduzieren und in denen gleichzeitig die Wirtschaft wächst. Das sind jetzt vier Länder mehr als in der vorangegangenen Dekade. Wir sehen da einen Trend, der natürlich viel zu langsam geht, der aber eben in die richtige Richtung zeigt und der durchaus Hoffnung macht. In diesem Jahrzehnt ist zum Beispiel Norwegen neu hinzugekommen. Und da kann man das ziemlich direkt attributieren an den starken Ausbau der Elektromobilität. Also die Politik, die den Ausbau der Elektromobilität fördert, die hat einen ganz direkten Effekt auf die Reduktion der Emissionen. Und das möchten wir natürlich jetzt in den anderen Ländern möglichst genauso sehen.“
Leiter und Geschäftsführer, New Climate Institute, Köln, und Professor für Mitigation of greenhouse gas emissions, Wageningen Universität, Niederlande
„Wir machen das alles schon sehr lange und beobachten die Prozesse sehr lange, auch die Klimaverhandlungen. Vor zehn Jahren ging es noch darum, dass die globalen Emissionen steigen werden, auch immer weiter steigen werden. Und da haben wir Temperaturen bis zu 3,5 Grad bis Ende des Jahrhunderts vorhergesehen. Das wäre total katastrophaler Klimawandel. Und jetzt sind wir eben bei einer Stagnation. Ob wir den Gipfel erreicht haben oder nicht, wissen wir nicht genau. Aber wir wissen ziemlich sicher, dass es nicht mehr viel weiter nach oben geht oder auf dem Niveau bleibt mindestens bis 2030, wenn es nicht noch früher runtergeht.“
„Das ist eine wirklich ganz andere Situation als noch vor zehn Jahren. In dem optimistischen Szenario, wenn alle Länder ihr Netto-Null-Ziel erreichen, sind wir bei 1,8 Grad. Das ist deutlich besser als die 3,5. Und das zeigt mir, dass wir es in der Hand haben. Wir können den Trend umwandeln, wenn wir es wirklich wollen. Und viel können die Technologien bewirken, wie die erneuerbaren Energien, wie die Batterien, wie die Elektromobilität. Die sind ja auch nicht von alleine gekommen, sondern die sind jetzt so stark, weil gewisse Teile der Gesellschaft sie extrem unterstützt haben, mit viel Geld, auch hier in Deutschland. Also da zeigt sich: Wenn wir das wollen, dann können wir so eine Revolution und Transformation wirklich hinbekommen. Und das gibt mir Hoffnung, dass wir das auch in anderen Bereichen hinbekommen und dass wir, wenn wir nächstes Jahr hier stehen, dann die Emissionen tatsächlich hoffentlich runtergehen – oder wenn wir in zehn Jahren hier stehen – sehen, dass wir das tatsächlich in eine ganz andere Richtung gelenkt haben. Das würde ich sehr hoffen. Und ich glaube auch, dass wir das können.“
Inhaberin des Lehrstuhls für Physische Geographie und Landnutzungssysteme und Direktorin des Department für Geographie, Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), und Autorin des Global Carbon Budgets
„Ich ergänze noch Punkte, die auch noch dazu gehören. Hoffnungsschimmer Aufforstung: Die Wiederaufforstung wird ernster genommen, sie wird ausgebaut. Es werden strengere Kriterien angelegt am freiwilligen Kohlenstoffmarkt, damit man dort Greenwashing vermeiden kann. Das heißt, da ist Fortschritt zu sehen. Wenngleich wir über die Risiken des Waldes im Klimawandel gesprochen haben. Die Entwaldungsraten gehen in einigen Ländern runter. Weil wir sehen, dass eben Politiken und Umweltmaßnahmen ergriffen werden, die dann auch greifen können und viele Vorteile jenseits des Klimaschutzes, beispielsweise für Biodiversität, mit sich bringen.“
„Dann: Wir haben vor einigen Jahren schon gesagt, es gibt die positiven Trends, wie mehr Elektrofahrzeuge auf der Straße; aber wir bringen deswegen die alten Fahrzeuge nicht runter von den Straßen. Das geschieht jetzt. Wir haben das immer noch nicht geschafft, aber es geschieht jetzt einfach von selbst, weil eben die Fahrzeugflotte alt wird und der Ottomotor dann einfach durch Elektro ersetzt wird. Auch wenn wir das schon früher aktiver hätten pushen können und sollen.“
„Dann wird – das ist aber ein sehr negativer Aspekt, der mich dazu bringt zu sagen – die Aufmerksamkeit trotz aller anderen Krisen vermutlich zunehmen für die Problematik des Klimawandels. Wir haben es dieses Jahr gesehen. Jetzt zuletzt in Spanien, aber auch in Deutschland. Es sterben jetzt auch im Globalen Norden Menschen durch den Klimawandel. Wir hatten das Klimaproblem bislang immer diffus in andere Regionen und nächste Generationen geschoben. Das ist nicht mehr der Fall. Wir sind ganz akut selbst davon betroffen. Und ich vermute, dass das auch die Dringlichkeit noch mal klarer machen wird, so dass diese positiven Effekte, die wir gerade beschrieben haben, dass man diesen Anreiz, die wirklich noch mal auszubauen, auch sieht.“
Alle: Keine Angaben erhalten.
Primärquelle
Friedlingstein et al. (2024) Global Carbon Budget 2024. Earth System Science Data.
Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden
[I] IPCC (2022): Climate Change 2022: Mitigation of Climate Change. Contribution of Working Group III to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change.
[II] UNFCC (2024): Nationally determined contributions under the Paris Agreement.
[III] UNEP (2024): Emissions Gap Report 2024.
Dr. Judith Hauck
Stellvertretende Leiterin der Sektion Marine Biogeowissenschaften, Fachbereich Biowissenschaften, Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), Bremerhaven, und Leiterin der Helmholtz-Nachwuchsgruppe Marine Carbon and Ecosystem Feedbacks in the Earth System (MarESys), und Autorin des Global Carbon Budgets
Prof. Dr. Niklas Höhne
Leiter und Geschäftsführer, New Climate Institute, Köln, und Professor für Mitigation of greenhouse gas emissions, Wageningen Universität, Niederlande
Prof. Dr. Julia Pongratz
Inhaberin des Lehrstuhls für Physische Geographie und Landnutzungssysteme und Direktorin des Department für Geographie, Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), und Autorin des Global Carbon Budgets