Emissionshandel: Mögliche Reformen des ETS 2
Noch bevor er wie geplant 2027 in Kraft tritt, könnte der Emissionshandel für Gebäude und Verkehr (ETS 2) schon reformiert werden. Der ETS2 ist als weiteres zentrales Klimaschutzinstrument der EU vorgesehen. Doch nachdem sich insbesondere osteuropäische EU-Staaten aufgrund möglicherweise stark steigender Energiepreise besorgt gezeigt hatten [I], plant die EU-Kommission eine Reform. Klimakommissar Hoekstra skizzierte kürzlich verschiedene Reformpläne, ein formeller Vorschlag soll zeitnah vorgestellt werden [II].
Demnach sollen schon vor Beginn des Emissionshandels Gelder zur Verfügung gestellt werden, um die Bevölkerung zu entlasten. Zudem sollen bei hohen Zertifikatpreisen mehr zusätzliche Emissionszertifikate in den Markt gegeben werden.
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Das SMC hat die Expertin und Experten am Ende des Press Briefings gefragt, was die wichtigste Reform am ETS 2 wäre. Ihre Antworten stellen wir Ihnen nachfolgend als Statements zur Verfügung.
Leiter der Arbeitsgruppe Wohlfahrt und Politikdesign, Leiter der Forschungsabteilung Klimaökonomie und Politik - MCC Berlin, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Berlin, und Professor für Klimawandel, Entwicklung und Wirtschaftswachstum an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam
„Ich glaube, wir müssen uns auch noch mal über den europäischen Lastenausgleich Gedanken machen. Das ist gar nicht so zur Sprache gekommen. Weil die Effort Sharing Regulation sagt ja eigentlich, dass die Länder nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip Emissionsminderungen erbringen müssen. Also reichere Länder müssen ambitionierter sein als ärmere Länder. Das ist nicht unbedingt effizient. Wir haben jetzt mit dem ETS 2 ein System, was auf Effizienz setzt, aber das regelt nicht diesen Lastenausgleich zwischen den Staaten. Weil letztlich die Zertifikatezuteilung anhand der historischen Emissionen passiert. Und das führt dazu, dass die ärmeren Länder durch diese Reform weg von der Effort Sharing Regulation zum ETS 2 eigentlich deutlich schlechter gestellt sind und die reicheren Länder profitieren. Und das ist glaube ich etwas, was man einfach noch mal diskutieren muss. Kann man durch eine Änderung der Zertifikateaufteilung nicht auch dann noch mal ärmeren Ländern mehr finanzielle Mittel geben, zulasten der reicheren natürlich? Da ist die Frage, ob Deutschland so was dann mitträgt. Oder macht man es dann doch über national differenzierte CO₂-Preisaufschläge als zweitbeste Variante. Geht man dann diesen Weg, um den europäischen Verteilungskonflikt zwischen den Staaten auch noch mal wirklich zu lösen, weil der ja auch immanent ist und entscheidend für die Akzeptanz ist.“
Leiter der Abteilung Klimapolitik, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin, und Professor für Energie- und Klimapolitik, Technische Universität Berlin
„Ich glaube, ETS 2 war basierend auf der Grundidee, dass alle Menschen und alle Regierungen Interesse haben, hohe CO₂-Preise zu vermeiden und soziale Verwerfungen zu vermeiden, durch geschickte Nutzung der Mittel dahinter. Und ich habe einfach die Befürchtung, dass im heutigen Europa es immer wieder Regierungen gibt, die im Zweifelsfall ganz gerne die Chance nutzen, dass so ein unglücklicher CO₂-Preis dann zeigen kann, wie schlimm Europa oder wie schlimm europäische Klimapolitik ist. Und vor dem Hintergrund, dass das auch noch durch Kommunikationsunterstützung international unterstützt wird, ist es, glaube ich, eine ziemlich kritische Situation. Und deswegen sich stärker darauf zu fokussieren, was wir eigentlich erreichen wollen als Vorteile für die Menschen in ganz Europa: durch energetische Sanierung von den schlecht gedämmten Gebäuden, durch Zugang zu heimischen Energieträgern, die zu verlässlichen Preisen bezahlbare Wärme für alle Menschen ermöglichen wollen. Und dahinter Ziele zu benennen, wie sie in der Gebäude Direktive sind. Ich glaube, das sehe ich als eine zentrale Möglichkeit an und das dann zu hinterlegen mit Finanzierung.“
Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe „Global Commons und Klimapolitik“, Institut für Weltwirtschaft (IfW), Kiel, und Honorarprofessorin an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
„Es ist eine schwierige Aufgabe, die soziale Komponente bei einem effizienten System beizubehalten und ich stimme da den anderen Diskutierenden hier zu, dass das das ETS alleine auch gar nicht leisten kann, sondern, dass es da begleitende Maßnahmen braucht. Nebenbei übrigens auch generell eine starke Sozialpolitik. Umso stärker die ist, umso weniger haben wir überhaupt das Problem, dass wir speziell noch mal da nachschärfen müssen. Ich finde prinzipiell diese Idee, Einnahmen vorzuziehen, jetzt erstmal ohne wirklich da die Ziele auch unbedingt zu verschärfen, eine sinnvolle Maßnahme, weil sie tatsächlich Mittel freisetzt, um komplementäre Maßnahmen zu ergreifen, ohne das System generell infrage zu stellen. Also insofern finde ich diese Komponente sehr sinnvoll.“
„Ich habe keine Interessenkonflikte.“
„Ich habe keine Interessenkonflikte.“
Alle anderen: Keine Angaben erhalten
Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden
[I] Ainger J et al. (17.10.2025): EU nations to push for delay to controversial new carbon market. Bloomberg.
[II] Hoekstra W (2025): Remarks by Commissioner Hoekstra at the ENVI Council. Rede.
Prof. Dr. Matthias Kalkuhl
Leiter der Arbeitsgruppe Wohlfahrt und Politikdesign, Leiter der Forschungsabteilung Klimaökonomie und Politik - MCC Berlin, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Berlin, und Professor für Klimawandel, Entwicklung und Wirtschaftswachstum an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam
Prof. Karsten Neuhoff, Ph.D.
Leiter der Abteilung Klimapolitik, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin, und Professor für Energie- und Klimapolitik, Technische Universität Berlin
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Ich habe keine Interessenkonflikte.“
Prof. Dr. Sonja Peterson
Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe „Global Commons und Klimapolitik“, Institut für Weltwirtschaft (IfW), Kiel, und Honorarprofessorin an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Ich habe keine Interessenkonflikte.“