Frühjahrstrockenheit 2025 in Deutschland: Mit Trockenstress in den Sommer?
in weiten Teilen Deutschlands – besonders in Norddeutschland – sind die Oberböden deutlich trockener als üblich
die Frühjahrstrockenheit trifft die Landwirtschaft in einer kritischen Phase, viele Pflanzen befinden sich dann in der Keimungs- und Wachstumsphase
laut Forschenden können die hydrologischen Folgen der Frühjahrstrockenheit bis in den Sommer reichen
Kaum nennenswerte Niederschläge durch andauernde Hochdrucklagen haben die Oberböden in weiten Teilen Deutschlands stark ausgetrocknet. Dies geht aus aktuellen Daten des Dürremonitors vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) hervor, der täglich flächendeckende Darstellungen zum Bodenfeuchtezustand in Deutschland liefert [I]. Insbesondere im norddeutschen Tiefland und in Regionen der westlichen Mittelgebirge sind die Oberböden – das heißt die oberen 30 Zentimeter des sogenannten A-Bodenhorizonts – deutlich trockener als für Anfang April üblich. Zurückzuführen ist dies auf die anhaltende Trockenheit der vergangenen Wochen.
Wissenschaftlicher Mitarbieter am Institut für Strategien und Folgenabschätzung, Julius Kühn-Institut (JKI), Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Kleinmachnow
Situation in Frühjahr 2025
„Der außergewöhnlich trockene März und die trockene erste Aprilhälfte 2025 haben, wie im Dürremonitor des UFZ gezeigt, zu außergewöhnlich niedrigen Bodenwassergehalten in den oberen 25 Zentimetern im Nordwesten Deutschlands, aber auch in anderen Landesteilen, wie den Mittelgebirgslagen im Nordosten-Bayerns sowie Süden Sachsens und Thüringens geführt. Außergewöhnlich trocken bezieht sich wie im Dürremonitor beschrieben auf die Abweichung vom Normal. Normal ist für diese Jahreszeit gewöhnlich gut gesättigter Oberboden. Es ist außergewöhnlich trocken im Vergleich zu Normal und dennoch liegt der Bodenwassergehalt sowohl in den oberen 60 Zentimetern als auch bis 170 Zentimetern Tiefe, wie im DWD-Bodenfeuchteviewer ersichtlich, in den allermeisten Regionen noch über 60 Prozent nutzbarer Feldkapazität, das heißt, 60 Prozent des im gesättigten Zustand pflanzenverfügbaren Wassers. 60 Prozent nutzbare Feldkapazität bedeuten für einen etablierten Pflanzenbestand, dass kein Trockenstress vorhanden ist. Für einen in der Aussaat befindlichen Bestand kann sich dies bei höherer lokaler Trockenheit in den obersten Zentimetern des Oberbodens anders darstellen.“
„Die außergewöhnlich trockene Situation im Oberboden kann sich im Falle länger anhaltender Trockenheit und fortwährend unterdurchschnittlicher Niederschläge in den kommenden Wochen und Monaten als schwere Hypothek darstellen, da sich die Oberböden in den besagten Regionen trockener darstellen als im Dürrejahr 2018. Kommen im April und Mai noch ausreichend Niederschläge, kann sich die trockene Situation im März und April rückblickend als durchaus positiv erweisen, denn die Betriebe konnten Ihre Feldarbeiten bei trockenen Bedingungen und sehr guter Befahrkeit der Flächen sehr gut planen und umsetzen. In den vergangenen Jahren war dies in vielen Regionen aufgrund langanhaltender Niederschlagsperioden zu den Aussaatzeiten im Herbst und Frühjahr selten möglich, und die Aussaaten konnten nur unter suboptimalen Bedingungen oder gar nicht umgesetzt werden. So hat sich zum Beispiel der Anbauumfang von Wintergetreide in einzelnen Jahren reduziert und der Anbau von Mais erhöht, da dieser im späten Frühjahr gesät werden konnte, als die Flächen endlich wieder befahrbar waren.“
Auswirkungen der Trockenheit für die Landwirtschaft
„Die Auswirkungen der Trockenheit im Oberboden muss man für die verschiedenen Kulturen dezidiert betrachten. Die Winterungen (Pflanzenbestände im Winter; Anm. d. Red.) wie Winterweizen, Wintergerste und Winterroggen, die bereits im vergangenen Herbst gesät wurden und bereits über ein etabliertes Wurzelwerk verfügen, das über den Oberboden hinaus in die Tiefe reicht, leiden auf den meisten Flächen nicht unter der außergewöhnlichen Trockenheit im Oberboden, da sie noch vorhandenes Wasser in tieferen Bodenschichten erschließen können. Auch die meist zeitig im Frühjahr ab Anfang März gesäten Kulturen wie Hafer oder Sommergerste sollten auf den meisten Flächen keine gravierenden Probleme mit der Trockenheit im Oberboden haben. Der von oben abtrocknende Boden kann bei gut etablierten jungen Pflanzenbeständen dazu führen, dass das Wurzelwachstum in tiefere Bodenschichten befördert wird, und die Bestände dann besser gewappnet sind gegen gegebenenfalls später im Jahr auftretende Trockenperioden."
„Bei den Kulturen, die für gewöhnlich ab Mitte beziehungsweise Ende März gesät werden – wie Ackerbohne oder Zuckerrübe –, hängt es beim seit Anfang März ausbleibenden Niederschlag stark vom Standort ab, ob im Oberboden noch ausreichend Feuchte vorhanden war. Entscheidend sind dabei insbesondere die Bodenart, gegebenenfalls auch die Mulchauflage sowie die Art der Bodenbearbeitung und Saatbettbereitung, damit das Saatgut erfolgreich keimen und sich ein gleichmäßiger Bestand entwickeln konnte. Wenn die Keimung und das Auflaufen erfolgreich verliefen, kommt es stark darauf an, ob sich das Wurzelwerk schneller in die Tiefe entwickeln konnte, als der Oberboden von oben austrocknete. Falls nicht, kann es zu schlecht entwickelten Beständen kommen, die trotz später gegebenfalls ausreichendem Niederschlag dennoch Mindererträge erzielen.“
„Falls doch und zeitnah ausreichend Niederschlag fällt ist nicht mit substanziellen Verlusten zu rechnen. Ähnlich stellt es sich nun für die anderen Kulturen da. Die Betriebe müssen genau überlegen, ob im Oberboden noch ausreichend Feuchtigkeit vorhanden ist, damit die geplanten Kulturen zum optimalen kalendarischen Zeitpunkt gesät werden können und sich gute Bestände entwickeln werden, ob man auf Niederschläge wartet und einzelne Kulturen gegebenfalls etwas später aussät, oder ob man auf andere Kulturen wie Mais oder Sojabohne setzt, die erst ab Mitte April bis Mitte, Ende Mai gesät werden. Hier sind standort- und betriebsspezifische Entscheidungen zu treffen, um in der außergewöhnlichen Trockenheit die besten Lösungen zu finden.“
Hydrologische und landwirtschaftliche Dürre
„Der Begriff Dürre beschreibt eine langanhaltende Phase ohne Niederschlag bei meist erhöhten Temperaturen und Verdunstung. Je nach Zielsetzung beziehungsweise Fragestellung unterschiedet man zwischen meteorologischer Dürre, hydrologischer Dürre und landwirtschaftlicher, beziehungsweise land- und forstwirtschaftlicher Dürre. Die meteorologische Dürre fokussiert auf die langfristige negative Diskrepanz zwischen Niederschlag und Verdunstung; ist es lange Zeit zu trocken spricht man von einer meteorologischen Dürre. Die hydrologische Dürre fokussiert auf den Einfluss langanhaltender Trockenheit auf Grund- und Oberflächengewässer, inklusive Bäche, Flüsse und Seen. Hier ist insbesondere eine negative Abweichung im Nettoniederschlag über einen längeren Zeitraum relevant, der zu negativen Abweichungen im Wasserstand vom langjährigen Normal zu dieser Jahreszeit führt. Bei der landwirtschaftlichen Dürre stehen die negativen Auswirkungen auf die Kulturpflanzen durch Trockenstress im Vordergrund. Auch die landwirtschaftliche Dürre stellt sich nach länger anhaltender Trockenheit ein. Die Pflanzen reagieren mit verringertem Wachstum, verringerter Fotosyntheseleistung und bei starkem Trockenstress mit Welke, was sich alles negativ auf den Ertrag auswirken kann. In der frühen Entwicklungsphase kann Trockenheit im Oberboden zudem die Keimung und Etablierung der Pflanzenbestände stören.“
„Je nach Jahreszeit und Standort kann es vorkommen, dass eine Region eine extreme hydrologische Dürre, gleichzeitig jedoch keine landwirtschaftliche Dürre aufweist. So zeigt der Dürremonitor des UFZ Anfang April für weite Teile Deutschlands eine extreme Dürre in tiefrot, da es insbesondere im Oberboden zu einer nie dagewesenen Abweichung von Normal im Vergleich zum langjährigen Mittel des Zeitraums 1951-2015. Für gewöhnlich sind die Oberböden zu dieser Jahreszeit nahe an ihrem Wasserhaltevermögen also nahe an der Sättigung. Gleichzeitig zeigt der Bodenfeuchteviewer des DWD jedoch dieselben Regionen in grün (nutzbare Feldkapazität (nFK) / pflanzenverfügbares Wasser 60 bis 100 Prozent) oder gar blau (nFK größer 100 Prozent) sowohl in der Schicht 0 bis 60 Zentimeter als auch 0 bis 170 Zentimeter Bodentiefe.“
„Diese Diskrepanz zeigt sich auch in anderen Jahren und zu anderen Jahreszeiten insbesondere für feuchte beziehungsweise sehr feuchte Regionen, wie die Eifel oder die Gebiete südlich der Donau. Hier zeigt eine längere Trockenzeit sehr schnell eine negative Abweichung von Normal, das heißt, von sehr feucht, also eine Dürre im Dürremonitor, während der Bodenfeuchte-Viewer hier ausreichend pflanzenverfügbares Wasser im Boden zeigt. Langzeitstudien zeigen, dass einzelne Regionen insbesondere Teile Sachsen-Anhalts, Brandenburgs und Frankens regelmäßig unter Ertragsverlusten durch Trockenstress leiden [1] [2]. In den beschriebenen feuchteren Regionen wie in der Eifel oder südlich der Donau, ist Trockenheit meist jedoch mit höheren Getreideerträgen verbunden, da die trockenen Jahre dort jene sind, die ‚nicht zu feucht‘ sind. Daher und generell ist es empfehlenswert neben dem Dürremonitor auch den Bodenfeuchte-Viewer des DWD [3] im Blick zu behalten, um die Situation für den eigenen Betrieb, oder auch den heimischen Garten umfänglicher einordnen zu können.“
Leiterin der Arbeitsgruppe Wasserproduktivität in der Landwirtschaft, Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim (ATB), Potsdam-Bornim
Situation in Frühjahr 2025
„Das bundesweite Niederschlagsdefizit im Frühjahr 2025 und die resultierende Bodentrockenheit stellen eine hydrologische ‚Hypothek‘ für den Sommer dar, da wir uns deutschlandweit unter den durchschnittlichen Niederschlagssummen und Bodenfeuchtekapazitäten der Vergleichszeitreihe 1991 bis 2020 befinden. Die Situation ist besonders kritisch für die Landwirtschaft, da Winterkulturen sich in einer entscheidenden Wachstumsphase mit hohem Wasserbedarf befinden und Sommerungen (im Frühjahr ausgesäte Nutzpflanzen, die im Herbst geerntet werden; Anm. d. Red.) unter den Bedingungen mit lückigen Beständen und ungleichmäßigem Aufwuchs zu kämpfen haben. Obwohl einige ergiebige Landregen im April/Mai die oberflächliche Bodenfeuchtigkeit verbessern könnten, würden sie das tiefere Defizit nicht vollständig ausgleichen, besonders bei Pflanzen mit tiefem Wurzelsystem. Die Bodentypen spielen eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung der Trockenheit, wobei sandige Böden mit geringer Wasserspeicherkapazität schneller unter Wassermangel leiden als schluffige Böden mit besseren Speichereigenschaften.“
Auswirkungen der Trockenheit für die Landwirtschaft
„Die Frühjahrstrockenheit trifft die Landwirtschaft in einer kritischen Phase. Trockene Böden führen zu einer verminderten Verfügbarkeit von Wasser für Pflanzen, die das Wachstum und die Entwicklung der Pflanzen beeinträchtigt. Für Winterkulturen wie Wintergetreide und Winterraps ist das Frühjahr die entscheidende Wachstumsphase mit hohem Wasserbedarf. Fehlt dieser Niederschlag, kann das zu erheblichen Ertragseinbußen führen. Bei Sommerungen wie Mais, Zuckerrüben und Kartoffeln ist die Situation etwas differenzierter: Fehlt Wasser während der Keimung und Jugendentwicklung, führt das zu lückigen Beständen und ungleichmäßigem Aufwuchs. Die Frühsommertrockenheit kann daher zu geringeren Erträgen bei Winterungen und möglicherweise auch bei den Sommerungen führen. Die Situation ist stark vom Bodentyp abhängig. Sandige Böden mit geringer Wasserspeicherung leiden schneller unter Trockenheit, während schluffige Böden mit besserer Wasserspeicherung Defizite länger ausgleichen können. In trockenen Perioden steigt gegebenenfalls der Bedarf an Bewässerung. Dies kann zu erhöhten Kosten für Landwirte führen, insbesondere wenn das Wasser knapp und teuer ist. Zudem kann die Bewässerung in einigen Regionen aufgrund von Wasserknappheit eingeschränkt sein.“
„Ein paar ergiebige Landregen im April/Mai könnten tatsächlich deutlich positiver wirken als in der hydrologischen Gesamtbetrachtung: Sie kämen genau zur richtigen Zeit für die Hauptwachstumsphase der Sommerungen; die Pflanzen können oberflächliche Bodenfeuchtigkeit effizient nutzen, auch wenn tiefere Schichten noch defizitär sind; besonders Grünland und Weidewirtschaft würden unmittelbar profitieren. Dennoch bleiben Risiken. So leiden Kulturen mit tiefem Wurzelsystem längerfristig, wenn nur die oberen Bodenschichten durchfeuchtet werden. Beim Ausbleiben weiterer Niederschläge im Sommer wäre die Ausgangssituation noch prekärer. Zudem ist die Nährstoffverfügbarkeit bei Trockenheit eingeschränkt, was Düngemaßnahmen weniger effektiv macht. Als langfristige Anpassung müssen Landwirte möglicherweise Anpassungsstrategien entwickeln, wie beispielsweise den Anbau trockenheitsresistenter Sorten, den Einsatz von Bewässerungstechnologien oder die Diversifizierung der landwirtschaftlichen Produktion.“
„Die Trockenheit der Oberböden beeinträchtigt landwirtschaftliche Aussaaten erheblich, da ohne ausreichende Feuchtigkeit die Keimung verzögert wird oder ganz ausbleibt. Eine Frühjahrstrockenheit ist tatsächlich oft gravierender als Trockenheit im Hochsommer, weil Keimlinge noch kein ausgedehntes Wurzelsystem besitzen und die kritische Keimphase irreversibel gestört wird. Besonders feinsamige Kulturen wie Raps und Zuckerrüben, die nur flach abgelegt werden können, leiden stark unter den trockenen Bedingungen. Eine verspätete Keimung führt zu Entwicklungsrückständen, die sich durch die gesamte Vegetationsperiode ziehen und selbst bei späteren günstigen Bedingungen kaum aufgeholt werden können. Zusätzlich können optimale Aussaatfenster verpasst werden, wodurch kritische Entwicklungsphasen möglicherweise in ungünstige Witterungsperioden fallen.“
Hydrologische und landwirtschaftliche Dürre
„In der öffentlichen Kommunikation ist die Unterscheidung zwischen ‚Dürre‘ und ‚nutzbarer Feldkapazität‘ essenziell, da ‚Dürre‘ ein komplexes, längerfristiges Extremereignis mit weitreichenden ökologischen und sozioökonomischen Folgen beschreibt, während die nutzbarer Feldkapazität eine präzise, messbare Größe darstellt, die zur Menge des Bodenwassers informiert. Es kann bei dem Begriff nutzbare Feldkapazität unterschieden werden zwischen: der Menge des pflanzenverfügbaren und gegen die Schwerkraft gehaltenen Bodenwassers (nFK, nutzbare Feldkapazität) und der aktuell für Pflanzen verfügbaren Wassermenge als prozentualer Anteil der nFK (%nFK). Ohne die Differenzierung zwischen ‚Dürre‘ und ‚nutzbarer Feldkapazität‘ können erhebliche Missverständnisse entstehen: Eine geringe nFK bedeutet nicht automatisch eine Dürre, während der emotional aufgeladene Begriff ‚Dürre‘ zu überhasteten Reaktionen führen kann, anstatt zielgerichtete Maßnahmen zu ermöglichen. Landwirte benötigen für ihre Bewirtschaftungsentscheidungen präzise Informationen zur aktuellen nFK ihrer Böden, nicht die unspezifische Kategorie ‚Dürre‘, zumal sich die aktuelle %nFK nach ergiebigen Niederschlägen schnell erholen kann, während eine Dürre langfristige hydrologische Defizite umfasst. Die nFK kann durch Bodenbearbeitung und Bewirtschaftungsmaßnahmen beeinflusst werden, während Dürren größere klimatische Phänomene darstellen, die andere Anpassungsstrategien erfordern.“
Leiterin des Instituts für Molekulare Physiologie und Biotechnologie der Pflanzen (IMBIO), Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Situation in Frühjahr 2025
„Selbst wenn bei günstigsten Bedingungen die Niederschlagsmengen letztlich ausgeglichen werden könnten, hat eine Trockenperiode im Frühjahr negative Auswirkungen auf das Wachstum der Pflanzen, da das Wachstum verzögert wird. Ebenso ungünstig wie Trockenheit ist auch Starkregen oder lange anhaltender Dauerregen, da das die Durchlüftung der Böden verhindert, und Pflanzen reagieren mit Entwicklungsstörungen beziehungsweise es kommt zu Fäulnisprozessen oder Schädlingsbefall.“
Auswirkungen der Trockenheit für die Landwirtschaft
„Die langhaltende Trockenheit verhindert im schlimmsten Fall die Keimung der Saaten oder führt zu einer niedrigen Keimungsrate. Wenn die Samen über längere Zeit im Boden liegen, kann es dazu führen, dass die Samen von Tieren beispielsweise Vögeln oder anderen Schädlingen gefressen werden. Da zurzeit die Nachttemperaturen recht niedrig sind, gibt es im Boden Restfeuchte und Samen können keimen, aber das Wachstum ist stark verlangsamt, und wenn weiterhin kein Wasser zur Verfügung ist, können die Samen verkümmern. Bei diesen Betrachtungen muss man auch berücksichtigen, dass Samen oder Keimlinge unterschiedlich stark auf die Wasserverfügbarkeit reagieren. Ebenso spielt bei diesen Betrachtungen die Bodenzusammensetzung eine wichtige Rolle, sandiger Boden trocknet sehr viel schneller aus als lehmiger Boden.“
Leiter des Themenbereiches Wasserressourcen und Umwelt, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), Magdeburg, und Professor für Aquatische Ökosystemanalyse und Management an der Technischen Universität Dresden
Situation im Frühjahr 2025
„Niederschlagsreiche (Landregen-)Tage im April und Mai könnten das Defizit im Oberboden (bis etwa 20 bis 30 Zentimeter Tiefe), wo derzeit landesweit ausgeprägte Dürre herrscht, rasch wieder ausgleichen.“
„‚Hypotheken‘ der ausgeprägten Niederschlagsdefizite im Frühjahr 2025 zeigen sich aber als Niedrigwasser in vielen Bächen und Flüssen – besonders sichtbar am Oberrhein mit dem Rheinfall in Schaffhausen, der nur die Hälfte des üblichen Abflusses in dieser Jahreszeit führt. Ebenso bei den Wasserständen in Seen, beispielsweise dem Bodensee und auch in Talsperren, in den das Wasser für einen Vollstau (markiert die Oberkante des Stauwerks und ist die Obergrenze des Stauraumes; Anm. d. Red) nicht mehr ausreicht. Entsprechend eingeschränkt könnte eine mögliche Dürreperiode im Sommer überbrückt werden. Das immer ausgeprägtere Niedrigwasser am Rhein betrifft mittlerweile auch die Binnenschifffahrt. So können die Frachtschiffe zwar noch fahren, aber im Mittelrhein nur noch mit einem Drittel bis zur Hälfte ihrer Ladekapazität.“
Niedrigwasser in Fließgewässern
„Kleine Fließgewässer sind in solchen Trockenperioden meistens zuerst betroffen, weil ihre Einzugsgebiete, aus denen sie ihr Wasser beziehen, klein sind. Ökologische Folgen sind gravierend, wenn Gewässer trockenfallen oder so flach werden, dass Lebensräume – beispielsweise für Fische – verloren gehen. Auch stark reduzierte Fließgeschwindigkeiten können dazu führen, dass daran angepasste Arten ihre Lebensgrundlage verlieren. Diese Verluste spielen sich meist im Verborgenen ab.“
„Günstig ist hingegen, dass das Frühjahr relativ kalt war. In kaltem Wasser ist mehr Sauerstoff gelöst, auf den alle höheren Organismen in Gewässern angewiesen sind. Auch weil die Lichteinstrahlung im Februar und März nicht so hoch war, konnten sich die Algen noch nicht so entwickeln, wie es im Sommer der Fall wäre. Aber das könnte sich schnell ändern, wenn wir jetzt ein warmes Frühjahr bekommen und die Niederschläge weiterhin ausbleiben oder gering ausfallen.“
„Fließgewässer, in die Kläranlagen ihr gereinigtes Abwasser einleiten, sind ebenfalls betroffen. Zwar ist das Abwasser gereinigt, aber es enthält immer noch viele Stoffe, die die Wasserqualität beeinflussen. Weil der Kläranlagenabfluss immer gleich bleibt, nimmt die Verdünnungs- und Transportkapazität der Fließgewässer mit Niedrigwasser immer weiter ab. Im Extrem besteht dann das noch in Bächen und Flüssen abfließende Wasser überwiegend aus gereinigtem Abwasser und empfindliche Pflanzen- und Tierarten sind dadurch entsprechend gefährdet.“
Hydrologische Szenarien für den Sommer
„Die Situation im Sommer ist seriös nicht zu prognostizieren, Omega-Wetterlagen (stabile Hochdrucklage, bei der sich ein Hoch über Mitteleuropa etabliert, das mit Niederschlagsarmut einhergeht; Anm. d. Red.) können aber auch nicht ausgeschlossen werden. Alle vom Niedrigwasser und Dürre potenziell betroffenen Lebens- und Wirtschaftsbereiche sollten ein solches Szenario in Betracht ziehen, weil wir mit einer Hypothek der Dürreperiode in den Sommer gehen werden.“
Hydrologische und landwirtschaftliche Dürre
„Dürre ist die Abweichung vom langjährigen Erwartungswert der Bodenfeuchte in verschiedenen Bodenhorizonten – im Oberboden bis 25 Zentimeter Tiefe und im Gesamtboden bis 1,8 Meter Tiefe. Wenn die aktuelle Bodenfeuchte unter das langjährige 20-Perzentil fällt, also den Wert, der nur in 20 Prozent der Jahre in einer langen Zeitreihe erreicht wird, spricht man von Dürre. Die Trockenklassen basieren auf dem Bodenfeuchteindex (SMI), der über das hydrologische Modell mHM berechnet wird und die Bodenfeuchteverteilung über einen 65-jährigen Zeitraum seit 1951 analysiert. So bedeutet also ein Wert von 0,3 (ungewöhnliche Trockenheit), dass die aktuelle Bodenfeuchte so niedrig wie in 30 Prozent der Fälle von 1951 bis2015 ist. Genauso bedeutet ein SMI von 0,02 (außergewöhnliche Dürre), dass der Wert nur in zwei Prozent der langjährigen Simulationswerte unterschritten wird.“
„Die Feldkapazität (FK) beschreibt den Wasseranteil, den der Boden gegen die Schwerkraft halten kann. Werte über 100 Prozent sind möglich, denn auch bei einer vollen Feldkapazität ist der Boden nicht vollständig mit Wasser gesättigt, da in den Grob- und Makroporen noch Luft enthalten ist. Bei Niederschlag kann der Boden daher mit einem höheren Wassergehalt versehen sein als über die Feldkapazität bestimmt. Der Welkepunkt (WP) beschreibt den Punkt, ab dem so wenig Wasser im Porenvolumen ist, dass Pflanzen es nicht mehr aufnehmen können. Die nutzbare Feldkapazität (nFK) beschreibt den Wassergehalt des Bodens zwischen dem Welkepunkt und der Feldkapazität in Prozent. Da der Boden mehr Wasser aufnehmen kann, als die Feldkapazität angibt, liegt der Wertebereich zwischen 0 und (je nach Bodenart) größer 250 Prozent.“
„Im UFZ-Dürremonitor wird die tagesaktuelle Bodenfeuchte genutzt, um die Wasserversorgung von Pflanzen mithilfe der nFK zu beschreiben. Dabei wird die Bodenschicht 0 bis 25 Zentimeter Tiefe genutzt. Als Richtwerte zur Einordnung von Wasserstress können folgende Annahmen genutzt werden: Ist die nFK kleiner als 50 Prozent, ist eine landwirtschaftliche Bewässerung zur optimalen Ertragsausbeute notwendig; ist die nFK kleiner als 30 Prozent liegt Pflanzenwasserstress vor.“
Leiter der Abteilung Pflanzenbau, Department für Nutzpflanzenwissenschaften, Fakultät für Agrarwissenschaften, Georg-August-Universität Göttingen
Situation im Frühjahr 2025
„Laut DWD hat sich seit Beginn des Frühjahrs insbesondere im Westen und Norden ein Defizit in der klimatischen Wasserbilanz von -50 bis -125 Millimeter gebildet [4]. Das ist erheblich aber noch nicht kritisch. Entscheidend wird sein, wie es in den nächsten Wochen weitergeht. Es gab in den vergangenen Jahren Beispiele für beides: ein Ende der ausgeprägten Trockenheit durch starke Niederschläge im Frühsommer 2011 oder die Entwicklung einer Dürre mit schwerwiegenden Folgen durch weiter ausbleibende Niederschläge 2018.“
Auswirkungen der Trockenheit für die Landwirtschaft
„In Deutschland werden überwiegend Kulturen angebaut, die im Herbst ausgesät werden. Im Frühjahr werden Sommergetreide, Mais, Körnerleguminosen (Eiweißpflanzen, Anm. d. Red.) und Kartoffeln gesät beziehungsweise gelegt. Zum Keimen ist Feuchtigkeit nötig, die insbesondere auf Sandböden nun bereits fehlt. Sollte die Trockenheit anhalten, kann dies tatsächlich zu Problemen führen. Trockenheit im Sommer ist aber gravierender, da sich dann häufig Trockenheit und Hitze in ihrer Wirkung gegenseitig verstärken.“
Niedrigwasser in Fließgewässern
„Die Pegel an fast allen Messpunkten in Deutschland zeigen im Moment Niedrigwasser an. Auch hier gilt: entscheidend für die Folgen ist wie sich die nächsten Wochen entwickeln. Prinzipiell kommen Niedrigwasserereignisse häufiger vor, weshalb die Ökosysteme in Deutschland daran angepasst sind. Je länger das Niedrigwasser anhält, desto größer ist aber die Gefahr, dass auch Hitze dazukommt. Das ist insbesondere für langsam fließende Gewässer kritisch, da eine erhöhte Wassertemperatur mit niedrigerem Sauerstoffgehalt einhergeht. Im Extremfall kann dann ein Fischsterben ausgelöst werden.“
Hydrologische Szenarien für den Sommer
„Es gibt Grund zur Annahme, dass sich eine Dürre wie im Jahr 2018 wiederholen kann. Allerdings haben alle saisonalen Vorhersagen noch große Unsicherheiten, insbesondere für Europa. Deshalb ist man gut beraten sich auf alle möglichen Szenarien vorzubereiten.“
„Die nutzbare Feldkapazität ist ein Begriff aus der Bodenkunde der beschreibt wieviel für Pflanzen nutzbares Wasser Böden speichern können. Sandböden können nur wenig Wasser speichern (80 bis 120 Millimeter) während Lehmböden sehr viel Wasser speichern können. Deshalb wirken sich ausbleibende Niederschläge auf Sandböden viel schneller negativ auf das Pflanzenwachstum aus. Dürren sind Extremereignisse, das heißt der gegenwärtige Zustand wird verglichen mit dem, was im langjährigen Mittel zu erwarten wäre. Bei einem trockenen Boden spricht man nur dann von einer Bodendürre, wenn die Trockenheit an dem Standort und zur Jahreszeit ungewöhnlich ist. Deshalb sollten diese Dinge auseinandergehalten werden.“
„Es bestehen keine Interessenkonflikte.“
„Ich bin unabhängig und sehe mein Wissen in keinem Interessenkonflikt.“
Alle anderen: Keine Angaben erhalten.
Literaturstellen, die von den Expert:innen zitiert wurden
[1] Riedsel L et al. (2023): Timing and intensity of heat and drought stress determine wheat yield losses in Germany. PLOS One. DOI: 10.1371/journal.pone.0288202.
[2] Riedsel L et al. (2024): Site conditions determine heat and drought induced yield losses in wheat and rye in Germany. Environmental Research Letters. DOI: 10.1088/1748-9326/ad24d0.
[3] Deutscher Wetterdienst (DWD) (09.04.2025): Bodenfeuchteviewer.
[4] Deutscher Wetterdienst (DWD) (11.04.2025): Klimatische Wasserbilanz.
Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden
[I] Helmholtz Zentrum für Umweltforschung (UFZ) (09.04.2025): Dürremonitor Deutschland.
[II] Deutscher Wetterdienst (DWD) (09.04.2025): Zeitreihen und Trends.
[III] Copernicus Climate Change Service (09.04.2025): Warmest March in Europe and lowest Arctic winter sea ice.
[IV] Deutscher Wetterdienst (DWD) (09.04.2025): Bodenfeuchtebericht.
Dr. Til Feike
Wissenschaftlicher Mitarbieter am Institut für Strategien und Folgenabschätzung, Julius Kühn-Institut (JKI), Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Kleinmachnow
PD Dr. Katrin Drastig
Leiterin der Arbeitsgruppe Wasserproduktivität in der Landwirtschaft, Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim (ATB), Potsdam-Bornim
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Es bestehen keine Interessenkonflikte.“
Prof. Dr. Dorothea Bartels
Leiterin des Instituts für Molekulare Physiologie und Biotechnologie der Pflanzen (IMBIO), Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Prof. Dr. Dietrich Borchardt
Leiter des Themenbereiches Wasserressourcen und Umwelt, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), Magdeburg, und Professor für Aquatische Ökosystemanalyse und Management an der Technischen Universität Dresden
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Ich bin unabhängig und sehe mein Wissen in keinem Interessenkonflikt.“
Prof. Dr. Stefan Siebert
Leiter der Abteilung Pflanzenbau, Department für Nutzpflanzenwissenschaften, Fakultät für Agrarwissenschaften, Georg-August-Universität Göttingen