Quantencomputer: Entwicklungsstand, Kennzahlen, nächste Schritte
Quantencomputer werden stetig weiterentwickelt, Identifikation echter Fortschritte ist aber schwierig
bisher keine praxisrelevante Anwendung gelungen, Zeithorizont von zu erwartenden Erfolgen hängt stark vom Anwendungsgebiet ab
Forschende sehen Qubit-Zahl allein nicht ausschlaggebend für Stand der Entwicklung von Quantencomputern und betonen Fehlerkorrektur als wichtiges Forschungsfeld
Auch außerhalb von Forschungseinrichtungen und spezialisierten Unternehmen bekommen Quantencomputer mittlerweile Aufmerksamkeit: 2025 ist das Jahr der Quantenwissenschaft und -technologie – zumindest für die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) [I]. Die Europäische Kommission wirbt in ihrem „Kompass für die Wettbewerbsfähigkeit in der EU“ für eine führende Rolle Europas im Bereich Quantentechnologie und auch Deutschland will Forschung zu Quantensystemen in Zukunft vermehrt fördern [II] [III]. Außerdem werden in letzter Zeit in großen Fachzeitschriften vermehrt Studien zu Quantencomputern veröffentlicht. Es kann herausfordernd sein, darin den Überblick über die verschiedenen Ansätze zu behalten, ihre Möglichkeiten einzuschätzen und echte Fortschritte zu erkennen.
Algorithmustiefe – gibt an, wie viele Operationen in einem Algorithmus nacheinander ausgeführt werden. Je mehr Operationen, desto tiefer der Algorithmus.
Fehlermitigation – soll Rauschen und andere Hardwarefehler reduzieren. Im Gegensatz zur Fehlerkorrektur sollen mögliche Fehler bei der Mitigation nicht korrigiert, sondern vermindert werden.
Fidelity – auf Deutsch Fidelität oder Güte. Gibt an, ob eine Operation so funktioniert, wie sie soll. Die Fidelität wird zwischen null und eins angegeben. Bei einer Fidelität von eins macht die Operation bei jeder Anwendung genau das, was sie soll.
Kohärenz – beschreibt den Grad, zu dem ein Quantensystem in der Lage ist, quantenmechanische Eigenschaften wie Überlagerungszustände, Interferenz oder Verschränkung auszubilden. Quantenkohärenz wird typischerweise durch unerwünschte Wechselwirkung von Quantensystemen mit ihrer Umgebung reduziert, wodurch die Quantenzustände in klassische Zustände übergehen.
Konnektivität – gibt an, wie gut die Qubits untereinander vernetzt sind. Für eine flexible Ausführung von Quantenalgorithmen wird eine möglichst hohe Konnektivität der Qubits angestrebt.
Logisches Qubit – Zusammenschluss mehrerer physikalischer Qubits. Durch Ansteuerung und Verknüpfung der physikalischen Qubits in einem Quantenfehlerkorrekturcode können mehrere physikalische Qubits wie ein einzelnes logisches Qubit betrachtet werden, in dem Quanteninformation redundant gespeichert ist. Dadurch können Fehler der physikalischen Qubits korrigiert werden.
NISQ-Systeme – kurz für Noisy Intermediate-Scale Quantum-Systeme, auf Deutsch verrauschte mittelgroße Quantensysteme. Sie sind der aktuelle Stand in der Entwicklung von Quantencomputern. Die Bezeichnung drückt aus, dass aktuelle Systeme noch zu klein sind und zu viele Fehler machen, um relevante Probleme lösen zu können.
Physikalische Qubits – kontrollierbare, quantenmechanische Systeme, die in zwei Zuständen vorliegen können. Je nach Plattform können sie verschieden realisiert werden, beispielsweise durch unterschiedliche Zustände in einem Atom oder einem Ion.
Prozessorarchitektur – beschreibt den Aufbau und die Abläufe in einem Prozessor.
Quantengatter – Operationen oder elementare Rechenbausteine, die auf einzelnen Qubits oder zwischen Qubits ausgeführt werden können. Verschiedene, hintereinander auf einem Qubit ausgeführte Gatter bilden einen Quantenschaltkreis. So wird mit den Qubits gerechnet.
Quantensysteme – ein System, das nach den Gesetzen der Quantenmechanik funktioniert. Quantenmechanische Eigenschaften zeigen sich besonders im sehr Kleinen und sehr Kalten, zum Beispiel in einzelnen Atomen oder stark gekühlten Schaltkreisen.
Quantenvolumen – Maßzahl, um die Leistungsfähigkeit verschiedener Quantencomputer zu vergleichen. In das Quantenvolumen fließen mehrere Kennzahlen, wie die Anzahl der Qubits sowie deren Konnektivität und Fehlerraten und die zuverlässig ausführbare Schaltkreistiefe mit ein.
Quanten-Register – Ein Verbund von Qubits, die über quantenmechanische Eigenschaften verknüpft sind und zusammen für Rechenoperationen verwendet werden können.
Qubits – Grundbausteine der Quantencomputer. Sie führen die Rechenoperationen aus. Vergleichbar mit den Bits eines klassischen Computers. Wichtige Plattformen für Qubits sind:
Taktrate – auch Taktfrequenz oder Schaltfrequenz; gibt an, wie häufig eine Schaltung pro Zeit ausgeführt werden kann. Je größer die Taktrate, desto öfter kann die Schaltung in einer bestimmten Zeit ausgeführt werden.
„Frank Wilhelm-Mauch koordiniert Forschungsverbünde im Bereich der supraleitenden Qubits.“
„Als Professor für Theoretische Quantentechnologie bin ich zusammen mit meiner Arbeitsgruppe an verschiedenen nationalen und internationalen Forschungsprojekten beteiligt, die Ansätze für Quantenfehlerkorrektur und Fehlertoleranz für verschiedene Quantencomputer-Plattformen, insbesondere Neutralatome, gefangene Ionen und auch supraleitende Qubits entwickeln und umsetzen. Des Weiteren bin ich als wissenschaftlicher Berater für das Startup Planqc, das Neutralatom-basierte Quantencomputer entwickelt, tätig [2].“
Alle anderen: Keine Angaben erhalten.
Literaturstellen, die von den Expert:innen zitiert wurden
[1] Wikipedia (zuletzt editiert 15.12.2024): Quantum volume. Wikipediaeintrag.
[2] Plancq (2025): Creating quantum computers atom by atom. Startup aus dem Munich Quantum Valley.
Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden
[I] International Year of Quantum Science and Technology (2025): 100 years of quantum is just the beginning. Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO).
[II] Europäische Kommission (2025): A Competitiveness Compass for the EU. Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen.
[III] Quantentechnologien (02.01.2025): Neue Projekte im Januar. Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
[IV] Munich Quantum Valley (2025): Trapped-ion qubits.
[V] Munich Quantum Valley (2025): Neutral-atom qubits.
[VI] Munich Quantum Valley (2025): Superconducting qubits.
Prof. Dr. Stefan Filipp
Professor für Technische Physik, Technische Universität München (TUM)
Prof. Dr. Frank Wilhelm-Mauch
Leiter des Instituts für Quantencomputer-Analytik, PGI-12, Forschungszentrum Jülich GmbH (FZJ)
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Frank Wilhelm-Mauch koordiniert Forschungsverbünde im Bereich der supraleitenden Qubits.“
Prof. Dr. Markus Müller
Professor für theoretische Quantentechnologie und Leiter der Arbeitsgruppe Theoretische Quantentechnologie, Institut für Quanteninformation, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH), und am Peter-Grünberg-Institut, Forschungszentrum Jülich
Angaben zu möglichen Interessenkonflikten
„Als Professor für Theoretische Quantentechnologie bin ich zusammen mit meiner Arbeitsgruppe an verschiedenen nationalen und internationalen Forschungsprojekten beteiligt, die Ansätze für Quantenfehlerkorrektur und Fehlertoleranz für verschiedene Quantencomputer-Plattformen, insbesondere Neutralatome, gefangene Ionen und auch supraleitende Qubits entwickeln und umsetzen. Des Weiteren bin ich als wissenschaftlicher Berater für das Startup Planqc, das Neutralatom-basierte Quantencomputer entwickelt, tätig [2].“