Reaktionen nach Abschluss des Klimagipfels COP29
Klimagipfel COP29 in Baku ist beendet
Hilfe für Entwicklungsländer soll auf 300 Milliarden US-Dollar jährlich aufgestockt werden
Fachleute: Ergebnisse bleiben weit hinter dem Notwendigen, das komplette Scheitern der COP wurde aber verhindert
Die 29. UN-Klimakonferenz COP29 in Baku [I] ist in der Nacht auf Sonntag zu Ende gegangen [II]. Noch am Nachmittag schien es möglich, dass der Gipfel komplett scheitern könnte. Etliche Öl-fördernde Staaten – allen voran Saudi-Arabien – versuchten lange Zeit, sogar Beschlüsse vorangegangener Klimakonferenzen zu schwächen. Zudem gab es intensive Diskussionen um die Höhe und die Ausgestaltung der finanziellen Unterstützung der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Länder.
Forschungskoordinator für internationale Klimapolitik, Abteilung Energie und Klimaschutz, Öko-Institut e.V., Berlin
Ergebnisse zu den Kohlenstoffmärkten
„Wenige Stunde vor dem Ende des Klimagipfels wurden die Texte zu internationalen Kohlenstoffmärkten verabschiedet. Nach neun Jahren Verhandlungen wurden mit diesen die letzten Puzzlestücke eines Regelwerks für den internationalen Handel von Emissionszertifikaten verabschiedet. Unter Artikel 6 des Pariser Übereinkommens können Länder und Unternehmen Emissionsgutschriften aus Klimaschutzprojekten erwerben und damit ihre Klimaziele erfüllen.“
„Gleich am ersten Tag der Konferenz wurden wichtige Regeln für einen neuen UN-Mechanismus verabschiedet. Es wurde festgelegt, wie die Klimawirkung von Klimaschutzprojekten berechnet werden soll und wie das Risiko eingegrenzt wird, dass in Wäldern gespeicherter Kohlenstoff durch Waldbrände oder Rodungen wieder freigesetzt wird. Die Regeln sind jetzt deutlich besser als im vergangenen Jahr auf der COP28 in Dubai, wo die EU die Beschlussvorlagen noch abgelehnt hatte.“
„Die Regeln sind ein wichtiger Schritt, um Lücken bei der Integrität der Zertifikate zu schließen. Eine kürzlich erschienene Studie [1] (Lambert Schneider ist einer der Beteiligten; Anm. d. Red.) hat gezeigt, dass die untersuchten Zertifikate weniger als 16 Prozent der ausgewiesenen Klimawirkung erzielt haben. Länder müssen nun mehr Informationen bereitstellen, wie sie die Integrität der Zertifikate gewährleisten. Außerdem wurden Schlupflöcher geschlossen, die dazu hätten führen können, dass eine Emissionsminderung gleich zwei Mal auf Klimaziele angerechnet wird.“
„Wie gut die Qualität von Klimazertifikaten unter dem Pariser Übereinkommen sein wird, muss sich noch zeigen. Einige Länder – wie Guyana und Suriname – wollen die natürliche Aufnahme von CO2 durch schon bestehende Wälder als Zertifikate verkaufen. Doch diese CO2-Aufnahme passiert ohnehin, also ohne jegliche Einwirkung durch Menschen. Daraus Zertifikate zu generieren, würde den Klimaschutz erheblich untergraben. Jetzt kommt es also darauf, wie die Regeln in der Praxis umgesetzt werden und ob Länder die vereinbarten Regeln auch einhalten werden.“
Leiter der Arbeitsgruppe Public Policy for the Green Transition, Technische Universität München (TUM)
Finanzierung von Klimaschäden und Anpassung
„Das wichtigste Ziel der diesjährigen Klimakonferenz COP29 war die Verabschiedung eines neuen, effektiven und ambitionierten Mechanismus zur finanziellen Unterstützung von Entwicklungsländern im Kampf gegen den Klimawandel. Dieses Ziel wurde nicht erreicht.“
„Das Finanzierungsziel wurde von 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr auf 300 Milliarden US-Dollar pro Jahr verdreifacht. Zu wenig in Anbetracht der Größe der Herausforderung und zu spät – das Ziel gilt erst ab 2035.“
„Wie viel mehr möglich gewesen wäre trotz fiskalisch angespannter Lage in westlichen Ländern zeigt, dass Öl- und Gaskonzerne 2022 allein fast 500 Milliarden US-Dollar Übergewinne einfuhren, zusätzlich zu den erwarteten Gewinnen von 750 Milliarden US-Dollar. 42 Prozent davon in staatlich kontrollierten Unternehmen [2]“
„Die Erweiterung der Beitragsländer, damit Länder wie China – das Land mit den meisten Emissionen – oder finanzstarke Länder wie Saudi-Arabien, Südkorea und Singapur ihren Beitrag leisten, ist gescheitert. Der Verhandlungstext zeigt den Versuch, mehr Länder zu Beiträgen zu ermutigen. Schlussendlich bleibt dies aber freiwillig.“
„Ebenfalls gescheitert ist der Einbezug von einem Finanzinstrument zur Deckung von Klimaschäden. Versicherungslösungen wären hier denkbar, indem die Weltgemeinschaft kollektiv Klimaschäden deckt, solche Lösungsansätze werden aber nicht einmal erwähnt.“
„Schlussendlich zeigt sich insbesondere am Beispiel Chinas eine verpasste Chance. Das Land nimmt gleichzeitig die größten Kohlekraftwerke in Betrieb und leistet einen riesigen finanziellen Beitrag zur Bewältigung des Klimawandels mit der Unterstützung der Solar- und Elektroautoindustrie. Mit dem globalen Ziel von 1,3 Billionen US-Dollar werden diese Finanzflüsse erwähnt, was wie gezählt wird und welche Anreize es dafür gibt, bleibt jedoch unklar.“
Wissenschaftlerin in der Forschungsgruppe Globale Fragen und im Forschungscluster Klimapolitik, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Berlin
Gesamtresultat der COP29
„Die einzelnen Klimakonferenzen vermitteln häufig das Gefühl, dass kaum Fortschritte erzielt werden. Aber ein Blick auf den längerfristigen Prozess zeigt, dass bereits viel erreicht wurde. Als sich die Staaten 2015 in Paris darauf einigten, die Erderwärmung auf 1,5 bis maximal 2 Grad zu begrenzen, gingen Prognosen noch von einer Erwärmung von 3,5 Grad bis Ende des Jahrhunderts aus. Heute liegen die Schätzungen für die Erwärmung bei 2,6 bis 3,1 Grad bis Ende des Jahrhunderts. Das ist ein deutlicher Fortschritt, auch wenn wir zu langsam vorankommen und die Lücke viel zu groß ist. Die Internationale Energieagentur (IEA) prognostiziert, dass sich die weltweite Kapazität für erneuerbare Energien bis 2030 verdreifachen wird. Die Emissionen werden zurückgehen, jedoch noch nicht in dem Tempo, das nötig wäre.“
„Das Ergebnis der COP29 umgeht zwar ein unmittelbares Scheitern, die erzielten Kompromisse zu Klimafinanzierung und der Abkehr von fossilen Brennstoffen bleiben aber das absolute Minimum. Es ist keine Seltenheit, dass wichtige Verhandlungsfragen erst innerhalb der letzten Tage der Klimakonferenzen gelöst werden können. Aber dieses Jahr sah es selbst für COP-Verhältnisse lange schlecht aus. Samstagmittag schienen die Verhandlungen kurz vor dem Scheitern zu stehen. Die zwei großen Streitpunkte waren Klimafinanzierung und Minderung von Emissionen.“
Finanzierung von Klimaschäden und Anpassung
„Auch nach dem offiziellen Ende der Klimakonferenz bestanden weiterhin tiefe Gräben zwischen den Verhandlungsgruppen. Die Industrieländer haben in den Verhandlungen zum neuen Klimafinanzierungsziel viel zu spät alle Karten auf den Tisch gelegt. Bis zum Ende war unklar, wie viel öffentliche Mittel sie bereit sind zur Verfügung zu stellen. Das hat es enorm erschwert, einen fairen und ausgewogenen Kompromiss zu erreichen. Selbst die bereits mehrfach überarbeiteten Textentwürfe zum neuen Ziel für Klimafinanzierung enthielten noch sehr unterschiedliche Optionen. Wie die Kluft überbrückt werden könnte, blieb bis zuletzt unklar. Entwicklungsländer haben für die Klimafinanzierung eine jährliche Unterstützung von 1,3 Billionen US-Dollar gefordert. Das ist in etwa die Summe, die weltweit pro Jahr für die Subventionierung fossiler Energieträger ausgegeben wird. Vor diesem Hintergrund ist die Enttäuschung der Entwicklungsländer über die zugesagt Summe verständlich.“
Ziel für Energiesysteme
„Neben den Verhandlungen zum neuen Klimafinanzierungsziel war das auf der COP28 im vergangenen Jahr beschlossene Energiepaket ein riesiger Streitpunkt. In Dubai einigten sich damals die Regierungen neben der Abkehr von fossilen Brennstoffen in den Energiesystemen auf eine Verdreifachung der Kapazitäten für erneuerbare Energien und eine Verdoppelung der Energieeffizienz bis 2030. Die Vorhandlungen zur globalen Bestandsaufnahme waren enorm schwierig: Die Länder sind komplett unterschiedlicher Meinung darüber, ob der Schwerpunkt auf der Bereitstellung von finanzieller und technologischer Unterstützung oder auf der Verfolgung der Fortschritte bei der Abkehr von fossilen Brennstoffen liegen soll. Die EU setzte sich stark dafür ein, dass das diesjährige Ergebnis zumindest nicht hinter den auf der vorangegangenen Klimakonferenz vereinbarten Beschlüssen zur Abkehr von den fossilen Energien zurückbleibt. Die Entwicklungsländer forderten einen Fokus auf Finanzierung. Die Gräben waren so tief, dass die Gespräche auf nächstes Jahr verschoben wurden. Das Ergebnis der COP29 bleibt hinter dem au der COP28 in Dubai hart umkämpften Konsens des Energiepakets zurück. Jetzt kommt es darauf an, so bald wie möglich 1,5 Grad-konforme nationale Klimaziele (NDCs) vorzulegen, die die Vereinbarungen zur Energiewende angemessen widerspiegeln. Die Herausforderung für Brasilien als COP30-Präsidentschaft ist riesig.“
Einfluss der US-Wahlen und die Rolle Chinas
„Interessant war auf der COP29 die Rolle Chinas. Zu Beginn der Verhandlungen gab Vize-Ministerpräsident Ding Xuexiang bekannt, dass China seit 2016 24,5 Milliarden US-Dollar an Klimafinanzierung bereitgestellt habe. Damit wäre China im weltweiten Länderranking an sechster Stelle, auch wenn es offene Fragen im Hinblick auf die Qualität der Finanzierung gibt. Dass China erstmals bekannt gab, wie viel Geld es in die Klimafinanzierung steckt, ist ein wichtiges Signal. Ausgereicht, um eine angemessene Einigung zu Klimafinanzierung zu erreichen, hat es allerdings nicht.“
„Die Ankündigung Chinas ist auch vor dem Hintergrund der Wahl von Donald Trump in den USA zu sehen. Mit dieser verschiebt sich das geopolitische Gleichgewicht in der internationalen Klimapolitik. Die bisherige bilaterale Kooperation zwischen den USA und China hat nicht nur häufig das Erzielen von Kompromissen bei Klimakonferenzen ermöglicht, sondern auch die Systemkonkurrenz der beiden Supermächte in den Verhandlungen eingedämmt. China scheint anzustreben, das entstehende Machtvakuum zu füllen und die narrative Führungsrolle in der internationalen Klimapolitik für sich zu reklamieren. Dieser Trend wird sich fortsetzen und könnte für die EU zu einem echten Härtetest ihres Anspruchs werden, eine Führungsrolle im Klimaschutz einzunehmen. Die EU droht durch Chinas Ambitionen, das Narrativ der globalen Klimaführerschaft für sich zu reklamieren, und der immer lauter werdenden Kritik an Maßnahmen wie dem CO₂-Grenzausgleichsmechanismus zunehmend isoliert zu werden. Das schränkt nicht nur ihren Spielraum für die Klimadiplomatie ein, sondern könnte die EU insgesamt außenpolitisch schwächen.“
Blockierer und Rolle der COP-Präsidentschaft
„Saudi-Arabien hat die Verhandlungen stark blockiert. Alles deutet darauf hin, dass Saudi-Arabien sich zum Ziel gesetzt hat, den Deal vollständig platzen zu lassen. Das ist keine neue Entwicklung, die Blockadehaltung scheint jedoch eine neue Stufe der Aggressivität erreicht zu haben. Und auch der Gastgeber Aserbaidschan hat nicht immer die konstruktive und vermittelnde Rolle gespielt, die eigentlich von einer COP-Präsidentschaft erwartet werden kann. Auch nach dem offiziellen Ende der Konferenz war eine Einigung zu den strittigen Punkten nicht in Sicht. Die Beschlussentwürfe der Präsidentschaft waren bis zuletzt an den entscheidenden Stellen lückenhaft und die vorgelegten Optionen und Formulierungen gingen in vielen Fällen so weit auseinander, dass eine Einigung fast unmöglich schien. Das ging vor allem zu Lasten der ärmsten Länder. Die Vergabe der Klimakonferenz an Aserbaidschan ist insgesamt kritisch zu sehen, insbesondere im Hinblick auf den Einfluss fossiler Interessen, die Unterdrückung der Zivilgesellschaft und Menschenrechtsverletzungen.“
Co-Leiter des Forschungsbereichs Internationale Klimapolitik, Abteilung Energie-, Verkehrs- und Klimapolitik, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, Wuppertal
Blockade durch fossile Interessengruppen
„Die Klimakonferenz in Baku hat einmal mehr gezeigt, dass die UN-Klimakonferenzen in der Lage sind, die richtigen Ziele und Leitplanken festzulegen, so wie vergangenes Jahr in Dubai. Sie sind auf Grund des Konsensprinzips jedoch nicht in der Lage, diese dann auch zur Umsetzung zu bringen. Des Weiteren hat das Jahr 2024 einmal mehr gezeigt, dass die wesentlichen Hemmnisse gegen den Klimaschutz nicht technisch-ökonomisch, sondern politisch-institutionell sind. Erneuerbare Energien sind zunehmend weltweit die wirtschaftlichste Energiequelle und die Dynamik des Ausbaus beschleunigt sich rasant. Jedoch muss diese Dynamik politisch weiter beschleunigt werden, um die Ziele des Pariser Abkommens noch erreichen zu können. Gerade der Erfolg der Energiewende erzeugt jedoch eine massive politische Gegenbewegung fossiler Interessen, die ihre Felle davon schwimmen sehen.“
„Diese Gegenbewegung hat in Baku erfolgreich die Umsetzung der wichtigen Ergebnisse der Konferenz in Dubai ausgebremst. Finanzierung war der fehlende Pfeiler der Ergebnisse aus Dubai – und das Ergebnis aus Baku bleibt weit hinter dem zurück, was zur Beschleunigung der globalen Energiewende notwendig wäre. Auch die Beratungen zur Konkretisierung der Energiewende-Beschlüsse aus Dubai und zum Just Transition Work Programme (Programm, um Wissen über eine gerechte klimafreundliche Transformation untereinander auszutauschen. Anm. d. Red.) wurden erfolgreich torpediert.“
„Die Klimakonferenzen bleiben wichtig als Kompass für den Klimaschutz, sie müssen jedoch durch Anstrengungen in anderen Foren ergänzt werden, um den Klimaschutz weiter zu beschleunigen.“
Leiter der Forschungsgruppe Zeitliche Entwicklung von Anpassungshindernissen und ihre Bedeutung für klimabedingte Verluste und Schäden, Integratives Forschungsinstitut zum Wandel von Mensch-Umwelt-Systemen (IRI THESys), Humboldt-Universität zu Berlin, und Leiter des Bereiches Klimawissenschaft und Auswirkungen, Climate Analytics, Berlin
Gesamtresultat der COP29
„Geopolitische Spannungen haben diese COP überschattet und haben die Bremser ermutigt, die den weltweiten Fortschritt bei der Bewältigung der Klimakrise untergraben wollen, während die besonders vom Klimawandel betroffenen Nationen einen schweren Stand hatten. Bedauerlicherweise ist es der Präsidentschaft des Gastgeberlandes nicht gelungen, das notwendige Vertrauen zwischen den verschiedenen Gruppen zu schaffen, um einen großen Wurf zu erreichen. Das große Zerwürfnis konnte jedoch auch gerade noch verhindert werden. Letztendlich haben die Länder zusammengefunden und der Welt gezeigt, dass der Multilateralismus auch in schwierigen Zeiten Ergebnisse liefern kann. Das ist ein Erfolg.“
„Dennoch bleiben die Ergebnisse der COP29 angesichts der immer schneller voranschreitenden Klimakrise unzureichend. Die Aufgabe der brasilianischen Präsidentschaft im nächsten Jahr ist nicht einfacher geworden.“
Finanzierung von Klimaschäden und Anpassung
„Das neue Finanzierungsziel ist nicht viel mehr als ein Minimalkompromiss. Was die westlichen Industrieländer auf den Tisch gelegt haben, ist enttäuschend. Es bleibt im Unklaren, wie das Ziel von mindestens 1,3 Billionen US-Dollar an Klimafinanzierung im Jahr 2035 erreicht werden soll. Und es reicht nicht aus, ein Ziel für viele Jahre in der Zukunft festzulegen, sondern man muss auch Klarheit über den Weg dorthin herstellen. Viel Arbeit für die beschlossene ‚Baku to Belém Roadmap‘.“
Klimaziele der Länder
„Es ist sehr bedauerlich, dass in Baku keinerlei Ergebnisse bezüglich verstärkter Klimaschutzanstrengungen erzielt werden konnten. Es liegt nun an den Ländern ihre Führungsrolle beim Klimaschutz unter Beweis zu stellen, indem sie bis zum nächsten Jahr neue ehrgeizige Klimazusagen vorlegen. Einige Länder wie Großbritannien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Brasilien haben das bereits getan, aber andere müssen dem Beispiel folgen, und wir müssen weltweit viel mehr Ehrgeiz sehen, um die Emissionslücke bis zur COP30 in Brasilien zu schließen. Im Rennen zu Netto-Null-Emissionen joggen wir bestenfalls, obwohl wir eigentlich sprinten müssten.“
Mitbegründerin, New Climate Institute, Köln
Gesamtresultat der COP29
„Der Abschluss der COP29 wird der Klimakrise und den am meisten vom Klimawandel Bedrohten nicht gerecht, zeigt die Handschrift der fossilen Lobby und lässt von einem dringend nötigen Notfallmodus nichts erahnen. Einzig, dass es überhaupt zu einem Abschluss gekommen ist, ist ein Zeichen für Kooperation in einer divergierenden Welt.“
Ergebnisse zu den Kohlenstoffmärkten
„Die Konferenz hat die Klimakrise immer noch nicht wie eine wirkliche Krise behandelt. Die Katastrophen des vergangenen Jahres mit extremer Hitze, Stürmen und Regenfällen in nie zuvor gesehenem Ausmaß hätte die Konferenz in einen Notfallmodus versetzen müssen, in dem dann das Unmögliche möglich gemacht würde.“
Finanzierung von Klimaschäden und Anpassung
„Angesichts der existentiellen Klimakrise sind riesige Finanzströme in Richtung der Entwicklungsländer nötig. Das beschlossene Ziel von 300 Milliarden US-Dollar bis 2035 bleibt dahinter weit zurück. Bedrohte Länder sind zu Recht frustriert, dass die zugesagte Finanzierung sie potenziell weiter in die Verschuldung treibt. Deshalb ist es wichtig, dass offene Themen in der beschlossenen ‚Baku to Belem Roadmap to 1.3T‘ noch im Jahr 2025 weiter ausgestaltet werden.“
„Im Vergleich zu den jährlich fließenden Subventionen für fossile Energieträger von 1,3 Billionen US-Dollar sind die Finanzzusagen erschreckend gering. Effektiv ist das Ziel nur wenig höher als vorher. 300 Milliarden US-Dollar in 2035 sind nach Abzug der Inflation und unter Berücksichtigung, dass jetzt mehr Staaten dazu beitragen, nicht wirklich viel mehr für die klassischen Geberländer als die 100 Milliarden US-Dollar, die für 2020 galten.
Blockade durch fossile Interessengruppen
„Erschreckend ist, wie die fossile Lobby ihre Handschrift in den Entscheidungen hinterlassen hat. Mit einer immer stärker werdenden Vehemenz versucht sie, das Rad zurückzudrehen. Nein, fossile Energien sind keine Übergangstechnologie, auch wenn das jetzt so in einer der Entscheidungen enthalten ist. Die Weltgemeinschaft braucht klare Vorgaben, was ‚1,5 Grad‘ bedeutet. Die Ölstaaten haben aber bewirkt, dass das gemeinsame Verständnis eher verwässert wurde.“
„Einzig positiv ist, dass sich in einer Welt, die auseinander zu fallen droht, die Weltgemeinschaft einstimmig auf ein Vorgehen geeinigt hat. Die Befürchtungen, im Schatten der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten würde das Pariser Klimaschutzabkommen zerfallen, haben sich nicht bewahrheitet.“
Einfluss der US-Wahlen und die Rolle Chinas
„China ist der große Gewinner von Trumps Rückkehr. Das Land füllt einen Teil der Führungslücke, die die USA hinterlässt. China hat sich in den Verhandlungen sehr konstruktiv gezeigt – auch aus eigenem ökonomischem Interesse. China ist das ‚Powerhouse‘ der Energiewende und ist weltweiter Marktführer bei allen Technologien, die es für die Energiewende braucht: Solarmodule, Windkraftanlagen, E-Autos, Batterien und Elektrolyseure. Konkurrenz aus den USA ist nun nicht mehr zu befürchten. Und die EU ist abhängig von Produkten aus China, um seine Klimaschutzpläne zu verwirklichen.“
Ergebnisse zu den Kohlenstoffmärkten
„Mit den neuen Entscheidungen sind die Marktmechanismen des Pariser Klimaschutzabkommens kein zielführendes Instrument mehr. Die Regeln sind viel zu schwach und erlauben sehr viel Freiraum, weitgehend ohne externe Prüfung. Sie dienen mehr dem Schönrechnen der Ziele von Industrieländern und Unternehmen als dem Klimaschutz. Regierungen, die Klimaschutz ernst nehmen, sollten davon Abstand nehmen.“
Dieses Statement entstand in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Niklas Höhne, Leiter und Geschäftsführer, New Climate Institute, Köln, und Professor für Mitigation of greenhouse gas emissions, Wageningen Universität, Niederlande.
Leiter der Arbeitsgruppe Landnutzung, Infrastruktur und Transport, Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC), Berlin
Klimafinanzierung
„Es wurde zu viel über das ‚Wie viel‘ und nicht genug über das ‚Wie‘ der Finanzierung geredet. Mehr Fokus auf das Design von Klimafinanzierungsinstrumenten in Zeiten angespanntester Haushaltslagen sind zielführender. Dazu könnte ein Abkommen über die CO2-Bepreisung von internationalem Flugverkehr und Schifffahrt gehören, deren Einnahmen Teilgrundlage der Finanzierung sein könnten. Eine andere Möglichkeit ist die Finanzierung an effektive Klimaschutzpolitik in Empfängerländern zu koppeln, etwa an ein Ende der Subventionierung von Öl und Gas."
Blockierer und Rolle der COP-Präsidentschaft
„Saudi-Arabien hat die vereinbarte Sprache zu fossilen Treibstoffen blockiert. In Verhandlungskreisen gab es starken Unmut über die Präsidentschaft, die nicht an einem Erfolg der Verhandlungen interessiert zu sein schien."
Leiter AG Klimawandel und Extremereignisse, Department Ökonomie, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), Leipzig
„Diplomatie und Multilateralismus haben bei der COP29 in Baku erneut obsiegt. Jetzt kommt es darauf an, wie das neue Mengenziel der Klimafinanzierung auf dem Weg zur COP30 nach Belem mit glaubhaften Einzelmaßnahmen der Geberländer hinterlegt wird. Der Austritt der USA aus dem Pariser Übereinkommen wird dabei als Hürde schwer wiegen.“
„Ich war an der COP29 als externer Berater zu klimawissenschaftlichen Fragen für Regierungen beteiligt.“
„Ein Interessenkonflikt besteht nicht.“
Alle anderen: Keine Angaben erhalten.
Literaturstellen, die von den Expert:innen zitiert wurden
[1] Probst BS et al. (2024): Systematic assessment of the achieved emission reductions of carbon crediting projects. Nature Communications. DOI: 10.1038/s41467-024-53645-z.
dazu: Science Media Center (2024): Metastudie: Emissionsminderungen aus Klimaschutzprojekten deutlich geringer als angegeben. Statements. Stand: 24.11.2024.
[2] Egli F et al. (2024): Harnessing oil and gas superprofit for climate action. Climate Policy. DOI: 10.1080/14693062.2024.2424516.
Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden
[I] United Nations Framework Convention on Climate Change (2024): UN Climate Change Converence Baku – November 2024. Webseite.
[II] United Nations Framework Convention on Climate Change (2024): Outcomes of the Baku Climate Change Conference – Advance Unedited Versions (AUVs). Webseite.
[III] United Nations Framework Convention on Climate Change (2024): New collective quantified goal on climate finance. Abschlussdokument.
[IV] Schwarze R et al (2024): Von Milliarden zu Billionen. Deutsches Klimakonsortium DKK.
Dr. Lambert Schneider
Forschungskoordinator für internationale Klimapolitik, Abteilung Energie und Klimaschutz, Öko-Institut e.V., Berlin
Dr. Florian Egli
Leiter der Arbeitsgruppe Public Policy for the Green Transition, Technische Universität München (TUM)
Jule Könneke
Wissenschaftlerin in der Forschungsgruppe Globale Fragen und im Forschungscluster Klimapolitik, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Berlin
Wolfgang Obergassel
Co-Leiter des Forschungsbereichs Internationale Klimapolitik, Abteilung Energie-, Verkehrs- und Klimapolitik, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, Wuppertal
Prof. Dr. Carl-Friedrich Schleussner
Leiter der Forschungsgruppe Zeitliche Entwicklung von Anpassungshindernissen und ihre Bedeutung für klimabedingte Verluste und Schäden, Integratives Forschungsinstitut zum Wandel von Mensch-Umwelt-Systemen (IRI THESys), Humboldt-Universität zu Berlin, und Leiter des Bereiches Klimawissenschaft und Auswirkungen, Climate Analytics, Berlin
Hanna Fekete
Mitbegründerin, New Climate Institute, Köln
Prof. Dr. Felix Creutzig
Leiter der Arbeitsgruppe Landnutzung, Infrastruktur und Transport, Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC), Berlin
Prof. Dr. Reimund Schwarze
Leiter AG Klimawandel und Extremereignisse, Department Ökonomie, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), Leipzig