Reaktionen zum Ende der Weltbiodiversitätskonferenz COP16 in Cali
16. UN-Biodiversitätskonferenz in Cali ist beendet
der Grund: die Plenarsitzung war nicht mehr beschlussfähig
Forschende ziehen ein gemischtes Fazit über den Verlauf der Konferenz
Im kolumbianischen Cali wurde die 16. UN-Biodiversitätskonferenz (COP16) vor der Verabschiedung einiger letzter Punkte beendet, weil nicht mehr genügend Delegierte vor Ort waren. Die Verhandlungen waren bereits in die Verlängerung gegangen. Laut Angaben der Convention on Biological Diversity (CBD) werden die Verhandlungen zu einem späteren Zeitpunkt und an einem anderen Ort wieder aufgenommen, um die Tagesordnung abzuschließen.
Professor für Biodiversität der Tiere und Leiter des „Evolutioneums“, Universität Hamburg, und Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB), Hamburg
Generelle Einschätzungen
„Angesichts des geradezu euphorischen Montreal-Moments der letzten COP-Konferenz vor zwei Jahren sind die bisherigen Ergebnisse der COP16 in Cali sicher eine Enttäuschung. Was bis heute vor allem fehlt, sind belastbare Festlegungen und Maßnahmen der meisten Unterzeichnerstaaten, wie sie das zentrale Ziel der Montreal-Konferenz – 30x30 – erreichen und umsetzen wollen.“
„Allerdings ist es durchaus nicht als Misserfolg zu sehen, dass es bedeutende Zusagen gibt – etwa der EU in der Größenordnung von, so die Kommission, insgesamt etwa 160 Millionen Euro und von Deutschland, einem der Hauptgeldgeber, von 50 Millionen Euro zur Unterstützung der an Biodiversität so reichen Länder des Globalen Südens.“
Deutschlands Rolle auf der COP16
„Dass Deutschland zwar Finanzmittel zur Umsetzung von Biodiversitätsstrategien etwa in den Ländern Lateinamerikas, Afrikas und Asiens zugesagt hat, ist wichtig und richtig. Aber selbst keine abgestimmte und zielführende Maßnahmenstrategie mit Kontrollmechanismen vorgelegt zu haben, ist ein Politik-Versagen und weiteres Armutszeugnis der derzeitigen deutschen Regierung. Auch wir haben hierzulande vielfach nur Schutzgebiete auf dem Papier, die nicht wirkungsvoll genug und schon gar nicht wirklich auf 30 Prozent der Fläche die Artenvielfalt erhalten.“
„Auch hier muss der Montreal-Beschluss buchstäblich erst noch ‚mit Leben gefüllt werden‘. Ebenso wie der Finanzierungs-Fonds zur Unterstützung der Länder des globalen Südens beim Schutz der Biodiversität erst noch mit den vor zwei Jahren zugesagten 200 Milliarden US-Dollar gefüllt werden muss. Hier engagiert sich Deutschland vorbildlich mit Geld, macht aber die Hausaufgaben im eigenen Land nicht. Sämtliche Ziele sind daher noch in weiter Ferne – bis wir wirklich ‚Frieden mit der Natur‘ gemacht haben werden.“
Mechanismen der Finanzierung
„Ganz zweifellos aber ist der Verlust an Biodiversität nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein enormes ökonomisches Problem; immerhin hängt die Hälfte der globalen Wirtschaftsleistung am Erhalt der Artenvielfalt. Also müssen wir auch mit ökonomischen Instrumenten in diesen Markt. Dazu aber braucht es wissenschaftsbasierte Mechanismen und vor allem starke staatliche Regulierungs-Vorgaben und -Kontrollen, auf nationaler und regionaler Ebene. Denn Biodiversität lässt sich nicht durch eine einzelne globale Maßnahme, sondern nur jeweils lokal erhalten.“
„Wir haben zuletzt viel vom Missbrauch von ,Carbon Credits‘ (CO₂ Zertifikaten; Anm. d. Red.) gelernt, die teilweise einem eher zerstörerischen Ablass-Handel gleichkamen. Für besser entwickelte und gemachte ‚Biodiversity Credits‘ gibt es erste Erfolg versprechende Ansätze. Hier gilt grundsätzlich, dass Biodiversität komplizierter ist als Geophysik und sich die vielen Facetten von funktionaler Artenvielfalt – und darum geht es – weitaus schwerer als etwa bloß Kohlenstoff-Emissionen berechnen lassen. Hier fehlt einfach noch viel Forschung.“
Beteiligung indigener Völker
„Der bei der COP16 gefasste Beschluss, indigenen Völkern eine permanente Stimme zu verschaffen, ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, darf aber nicht davon ablenken, was die eigentliche Zielsetzung dieser Konferenz war: Erstens das 30x30-Ziel durch geeignete Maßnahmen umzusetzen, und zweitens dafür ausreichend Finanzmittel bereitzustellen. Beide Ziele wurden in Cali nicht erreicht; davon dürfen die anderen thematischen Beschlüsse nicht ablenken.“
Leiter der Geschäftsstelle, Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK), Gatersleben
Generelle Einschätzungen
„Internationale Verhandlungen verlaufen oft in Wellen, mit Höhen und Tiefen in der Entscheidungsfindung. Nach der COP15 in Montreal war ein Höhepunkt erreicht. Jetzt ging es um die konkrete Ausformulierung und Umsetzung, somit ist es logisch, dass die Prozesse anders verlaufen. Es ist wichtig, den Prozess kreativ und innovativ zu gestalten und auch Rückschläge als Teil des Fortschritts zu akzeptieren.“
„Mit der nun absehbaren Einigung auf der COP16 wurde ein insgesamt erfolgreicher Abschluss erzielt. Die COP hat ihre grundlegende Aufgabe erfüllt, die Beschlüsse des Montreal-Abkommens in konkretes Handeln zu überführen. Auch wenn es bei der Umsetzung Herausforderungen geben wird, sind grundlegende Prinzipien eines multilateralen Systems festgelegt worden. Der freie Zugang zu wissenschaftlichen Daten und Ergebnissen weltweit sowie die Vernetzung öffentlicher Datenbanken als Grundlage einer innovativen Forschung mit fairem und freiem Zugang unter Beachtung der sogenannten FAIR- und CARE-Prinzipien (Leitlinien für die Beschreibung, Speicherung und Veröffentlichung wissenschaftlicher oder Verwaltungsdaten; Anm. d. Red.) sind sichergestellt.“
„Zudem wurden Richtlinien entwickelt, die Unternehmen und marktwirtschaftlich orientierte Institutionen, die von natürlichen Ressourcen profitieren, zu nachvollziehbaren Zahlungen für die Nutzung von Natur beziehungsweise mit ihr verbundenen Informationen für Produktentwicklungen und Markterfolge verpflichten. Diese Mittel sollen Biodiversität und Umweltschutz, aber auch Forschung und Aufbau von benötigten Kapazitäten weltweit fördern. Klimaschutz und Biodiversitätsschutz gehören zusammen und bedingen sich. Eine weitere Verschränkung dieser beiden Leitplanken wird Aufgabe zukünftiger Bemühungen und Verhandlungen sein. Verbunden mit dem Ziel, auch zukünftigen Generationen lebenswerte Bedingungen und nachhaltige beziehungsweise nachhaltigere Entwicklungen, als heute möglich sind, zu ermöglichen.“
Ausblick in die Zukunft
„Besonders die kolumbianische Präsidentschaft hat dazu beigetragen, die schwierigen Verhandlungen zu einem positiven Abschluss zu bringen. Für alle Beteiligten ergeben sich aus den Beschlüssen neue Aufgaben: Die politische Umsetzung der Beschlüsse der COP16 in nationale Normen und Vorgänge, die Implementierung eines transparenten und den globalen Wettbewerb fördernden Systems zur Erhebung der vereinbarten Zahlungen, ohne dass Unternehmen gegenüber anderen übervorteilt werden, die nachvollziehbare Verwaltung und zielorientierte Verwendung der Gelder des Cali-Fonds zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung biologischer beziehungsweise biologisch assoziierter Ressourcen sowie die Weiterentwicklung nicht-monetärer Vorteilsausgleiche durch Wissenschaft und Forschung weltweit.“
„Dabei liegt ein besonderer Fokus auf dem Kapazitätsaufbau im Globalen Süden und der Vertiefung von Kooperationen in Wissenschaft, Forschung, Training und Ausbildung zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aller Regionen auf Augenhöhe sowie auf der Verbesserung des Wissenstransfers in die Gesellschaft.“
Digitale Sequenzinformationen als zentrales Thema der COP
„Ein prägendes Thema bei dieser COP war die allgegenwärtige Bedeutung der sogenannten ‚digitalen Sequenzinformationen‘ (DSI), welches alle Diskussionsgruppen und Themenschwerpunkte betroffen und eine zentrale Rolle gespielt hat. Dies liegt daran, dass nicht nur die biologischen Ressourcen von Bedeutung sind, sondern auch deren digitalisierte Codierung in zellulären Strukturen. Diese Informationen können Innovationen und Fortschritte ermöglichen. Es sind Informationen, die essenziell sind, um neue Erkenntnisse und Zusammenhänge zu ergründen, aber auch um Produkte und Märkte zu erschließen und damit wirtschaftliche Entwicklungen voranzutreiben.“
„Anders als die biologischen Ressourcen soll die Nutzung dieser Informationen im wirtschaftlichen Kontext nicht bilateral, sondern in einem multilateralen System geregelt werden. Hintergrund ist, dass ein bilaterales System bei weltweit frei zugängigen und miteinander verknüpften Datenbanken nicht funktionieren kann. Es muss ein multilaterales System sein.“
„Des Weiteren wird angestrebt, dass Unternehmen, die von diesen digitalen Sequenzen profitieren und Gewinne erzielen, sich an einem Fonds beteiligen. Dieser Fonds könnte dann zur Förderung von Projekten genutzt werden, die der globalen Gemeinschaft zugutekommen. Das Thema der digitalen Sequenzinformationen wurde auf dieser COP in allen Diskussionsrunden und Schwerpunktgruppen behandelt und zeigte deutlich die Notwendigkeit, Regelungen für die Nutzung und Gewinnbeteiligung durch die Unternehmen, nicht jedoch für die akademische Forschung zu schaffen.“
Beteiligung indigener Völker
„Die Einbindung indigener Gruppen in die Diskussionen wurde gestärkt. Dadurch lässt sich Vertrauen aufbauen und neokoloniale Strukturen werden hinterfragt. Diese sind in den Ländern des Globalen Südens allgemein präsent, sodass heutige Generationen keine Schuld, jedoch eine Verantwortung besitzen. Das traditionelle Wissen indigener Völker gilt es mit Forschung, Wissenschaft und Bildungskonzepten zu verknüpfen, um nachhaltige Lösungen zu entwickeln.“
Professorin für Öffentliches Recht, insbesondere Verwaltungs- und Umweltrecht, Institut für Energie-, Umwelt- und Seerecht, Universität Greifswald, und geschäftsführende Direktorin des Instituts für Energie-, Umwelt- und Seerecht (IfEUS), und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung (WBGU)
Verpasste Chance
„Die COP16 in Cali hat das Thema ‚Biodiversität‘ für zwei Wochen auf die internationale Agenda gesetzt – trotz vieler geopolitischer Spannungen und Konflikte. Das Scheitern der Verhandlungen zur Finanzierung ist bitter, denn es schien ein Abschluss nahe: Es hätte eine Chance gegeben, den Global Biodiversity Fund der COP15 zu operationalisieren. So sollten nach dem letzten Entwurf 200 Milliarden Dollar bis 2030 eingezahlt und biodiversitätsschädliche Anreize, etwa Subventionen, bis 2030 um 500 Milliarden Dollar reduziert beziehungsweise. beendet werden. Letzteres hätte Auswirkungen auf die EU-Agrarsubventionen haben können.“
Teilerfolge der COP16
„Fortschritte konnten dafür bei anderen Themen erzielt werden. Für digitale Sequenzinformationen (DSI) wurde die Errichtung eines multilateralen, sogenannten Cali-Fund beschlossen, in den kommerzielle Nutzer, also Unternehmen, einzahlen. Nicht-kommerzielle Forschung ist hiervon richtigerweise ausgenommen. Dies kann als Anfang einer Beteiligung der Wirtschaft an der kommerziellen Nutzung von DSI, die letztlich auf genetischen Ressourcen beruhen, bewertet werden. Zu bedauern ist aber, dass dieser Beschluss (‚decision‘) die Mitgliedstaaten nicht zur Umsetzung zwingt, da es sich lediglich um eine politische Absichtserklärung handelt.“
„Im Hinblick auf die Operationalisierung der Unterstützung und Förderung indigener Völker und lokaler Gemeinschaften wurde zumindest ein Prozess aufgesetzt, indem ein Nebenorgan zu Artikel 8j CBD errichtet und mit weiteren Konkretisierungen beauftragt wurde. So sind die Vertragsparteien, Kenntnisse, Innovationen und Praktiken indigener und lokaler Gemeinschaften zu bewahren, und eine gerechte Aufteilung der hieraus sich ergebenden Nutzungsvorteile ist zu gewährleisten.“
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Department Naturschutzforschung, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), Leipzig
Verhandlungen in Cali
„Die COP16 der Konvention für biologische Vielfalt (CBD) hat in vielen Dimensionen neue Maßstäbe gesetzt. Gleichzeitig führt sie uns aber ganz klar die Grenzen des Multilateralismus in globalen Umweltfragen auf. Was die neuen Maßstäbe angeht, kann man einfach mit der Größe des Events anfangen. Es war die höchste Zahl an Delegierten jemals, die größte Veranstaltung und ein einziges Fest, in das die ganze Stadt mit einbezogen war. Es wurden Themen angesprochen, die vor allem in Lateinamerika stark mit der Biodiversität verbunden sind: die soziale Ungleichheit, die tropische Entwaldung, die Bedeutung des indigenen Wissens und der Beiträge lokaler Gemeinden zum Biodiversitätsschutz.“
„Erfolge hierzu waren die Verabschiedung eines Mechanismus zur Kompensation der traditionellen Schützer natürlicher, genetischer Vielfalt in Anbetracht der digitalen Sequenzinformationen (DSI). Ein weiterer der Subsidiary Body für Artikel 8j – ein der CBD angehängtes Organ, welches sich jetzt speziell mit dem Thema des Beitrags indigener und lokaler Gemeinden beschäftigen wird. Auch die Unterzeichnung der Verpflichtung der kolumbianischen Regierung zum Schutz des Lebens und der Umwelt bei der Bekämpfung von illegalen Aktivitäten durch fünf nationale Ministerien zeigt, dass Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung – wie die Bekämpfung organisierter Kriminalität und Biodiversitätsschutz – gemeinsam gedacht werden müssen. Auch die vielen Veranstaltungen von Unternehmerorganisationen zeigt, dass das Thema Biodiversität deutlich an Bedeutung gewonnen hat und dort jetzt mögliche Lösungen diskutiert werden. Als IPBES-Autor (Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services; Anm. d. Red.) habe ich mich zudem gefreut zu sehen, in wie vielen Entscheidungen, beispielsweise zum Wert der Biodiversität und zu invasiven Arten IPBES-Berichte als Informationsgrundlage verwendet werden.“
Vertagte Entscheidungen
Gleichzeitig jedoch wurden die zentralen Entscheidungen für die Umsetzung des Kunming-Montreal Global Biodiversity Frameworks vertagt. Das sollte eigentlich der zentrale Punkt der COP sein. Die Entscheidung zur ‚Planning, Monitoring, Evaluation and Review‘ sollte festlegen, wer die nationalen Berichte zusammenstellt und auswertet, was als Wissensgrundlage verwendet wird und wie daraus Empfehlungen erarbeitet werden.
„Aber auch wenn das dazu erstellte L-Paper (Limited Paper; Anm. d. Redaktion) angenommen worden wäre, wären die Anforderungen sehr schwach – vor allem aus zwei Gründen: Zum einen soll der Report ‚party-led‘ sein, was bedeutet, dass die Mitgliedsstaaten stets selbst bestimmen und eben auch verhindern können, dass etwas drinsteht, was ihnen nicht gefällt. Dies ist natürlich ungleich schwächer als eine unabhängige Auswertung.“
„Auch die Indikatorik besonders zu der Sektion ‚Tools and Solutions‘ der Ziele 14 bis 23 lassen viele Fragen offen und machen eine Ursachenfindung möglicher Verfehlungen der Ziele schwierig. Die zunehmende Spannung bei den Finanzierungsfragen und die gleichzeitige Abwesenheit von konkreten Maßnahmen lassen mehr Fragen offen, als dass sie Antworten oder gar Zuversicht geben. Wenn einige Länder die GBF-Ziele einzeln erreichen, dann durch individuelle Initiative. Der derzeitige globale Umsetzungsrahmen stellt hierzu jedenfalls keinen Rahmen oder Anreize bereit.“
Professorin für Internationale Beziehungen und transnationale Politik, Universität Leipzig, und Friedens- und Konfliktforscher am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
Erfolge der COP16
„Betrachtet man die politische und gesellschaftliche Wirkung der COP16, lässt sich sagen, dass es eine bisher in dieser Form noch nicht dagewesene Mobilisierung von Interessengruppen und Anliegen gab, die früher eher am Rande diskutiert wurden, heute jedoch zentral für den Schutz der Biodiversität sind. Kolumbien hat es als Gastgeber wirklich geschafft, sowohl im eigenen Land als auch international, wichtige Themen auf die Agenda zu setzen. Dies betrifft zum einen die Rolle indigener Gruppen sowie die Diskussion darüber und zum anderen die Anerkennung der Rechte der Afro-Descendants (Angehörige der afrikanischen Diaspora, deren Vorfahren oft über den transatlantischen Sklavenhandel nach Mittel- und Südamerika, in die Karibik, die Vereinigten Staaten und nach Europa gebracht wurden; Anm. d. Red.) als eigenständige Rechteinhaber. In den frühen Morgenstunden des 2. November gab es entsprechend zu Recht auch viel Freude und Applaus, als die entsprechenden Dokumente zu Kapitel 8j auch formell im Plenum angenommen worden. Eine wichtige Entscheidung konnte auch zur digitalen Sequenzierung getroffen worden, die auf den Weg gebracht wurde.“
„In einigen anderen Kernaspekten zeigte sich in den Gipfeldiskussionen hingegen sehr deutlich, dass eine große Lücke besteht zwischen dem, was zwar politisch für den Schutz der Biodiversität nach außen angekündigt wird, und dem, was Staaten und ihre Vertreter bereit sind, auch formell umzusetzen. Dies führte in den vergangenen Tagen zu erheblichem Frust, etwa im Hinblick auf die finanzielle Unterstützung des Globalen Südens durch den Globalen Norden. Die Verhandlungen über einen Biodiversitätsfond zogen sich hier so lange hin, dass am Ende der Gipfel ergebnislos abgebrochen wurde. “
Zukunftsperspektiven
„Die formale, juristische Seite und die daraus entstehenden Verpflichtungen sind das eine. Dabei hat sich gezeigt, dass selbst das Abkommen von Kunming-Montreal nicht dazu geführt hat, dass alle Staaten ihre Verpflichtungen einhalten. Entscheidend ist nun, wie der politische Prozess weitergeht: Welche Rechte und Pflichten werden die Staaten künftig im Hinblick auf den Schutz der Biodiversität haben? Wie wird die Agenda weiterverfolgt, und wird sich möglicherweise eine Koalition der Willigen bilden, die in vielen Bereichen als Vorreiter agiert?“
„Ein wichtiger Punkt, der für die weitere Zukunft von großer Bedeutung ist, bleibt jedoch unklar: die konkrete Verknüpfung der Klimaschutzagenda mit der Agenda zum Schutz der Biodiversität. Dazu gab es zahlreiche Diskussionen darüber, und es gab ein sehr deutliches grundsätzliches Bekenntnis. Gleichwohl bleibt unklar, wie dies konkret ausgestaltet wird, insbesondere im Monitoring- und Verifizierungsprozess. Es stellt sich die Frage, ob beide Prozesse separat weiterlaufen oder miteinander verbunden werden sollen. Hier wird auf den kommenden Gipfeln einiges zu tun bleiben.“
„Es bestehen keine Interessenkonflikte. An der COP16 in Cali habe ich als Mitglied der Delegation der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des von uns initiierten DSI Scientific Network teilgenommen. Als Mitarbeitender einer öffentlich geförderten Forschungseinrichtung innerhalb der Leibniz-Gemeinschaft unterliege ich den Prinzipien der guten wissenschaftlichen Praxis.“
Alle anderen: Keine Angaben erhalten.
Literaturstellen, die vom SMC zitiert wurden
[I] Linck E et al (2024): A latitudinal gradient of reference genomes. Molecular Biology. DOI: 10.1111/mec.17551.
[II] Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services IPBES (2019): Global assessment report on biodiversity and ecosystem services of the Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services.
[III] Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina (2024): Biodiversitätsfakten.
Prof. Dr. Matthias Glaubrecht
Professor für Biodiversität der Tiere und Leiter des „Evolutioneums“, Universität Hamburg, und Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB), Hamburg
Dr. Jens Freitag
Leiter der Geschäftsstelle, Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK), Gatersleben
Prof. Dr. Sabine Schlacke
Professorin für Öffentliches Recht, insbesondere Verwaltungs- und Umweltrecht, Institut für Energie-, Umwelt- und Seerecht, Universität Greifswald, und geschäftsführende Direktorin des Instituts für Energie-, Umwelt- und Seerecht (IfEUS), und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung (WBGU)
Dr. Yves Zinngrebe
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Department Naturschutzforschung, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), Leipzig
Prof. Dr. Solveig Richter
Professorin für Internationale Beziehungen und transnationale Politik, Universität Leipzig, und Friedens- und Konfliktforscher am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig