Wie kann der Luftverkehr klimafreundlicher werden?
TAB-Bericht beschreibt Stand der Forschung zu klimafreundlicheren Flugtechnologien
E-Fuels oder Biokraftstoffe könnten demnach CO2-Emissionen senken, machen aber nur etwa ein Drittel der Klimawirkung von Flügen aus
unabhängige Forscher: guter, umfassender Bericht, Maßnahmen zur Reduktion von Flügen könnten aber stärker berücksichtigt werden
Die Luftfahrt zählt zu den Sektoren, die besonders schwierig zu dekarbonisieren sind. Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) hat am 08.05.2024 einen Bericht veröffentlicht, der den aktuellen Stand der Forschung zu dem Thema darstellt (siehe Primärquelle). Der Bericht geht vor allem auf klimafreundlichere Kraftstoffe (Biokraftstoffe und E-Fuels) sowie neue Antriebsformen (zum Beispiel elektrisch und mit Brennstoffzelle) und deren Potenziale sowie Herausforderungen ein. So können E-Fuels laut dem Bericht zwar den Ausstoß von Treibhausgasen vermindern, der Energiebedarf für die Kraftstoffe ist jedoch enorm. Neben der Nutzung von nachhaltigen Kraftstoffen könnte auch der Verbrauch verringert werden – zum Beispiel durch effizientere Flugrouten oder bessere Auslastung der Flugzeuge. Eine weitere Möglichkeit zur Reduzierung der Emissionen aus dem Flugverkehr ist ein Rückgang der Flugreisen. Der Fokus des TAB-Berichts liegt aber auf den technischen Potenzialen zur Verringerung der Klimawirkung der in Zukunft durchgeführten Flüge.
Professor für Tourismus, School of Business and Economics, Linnaeus University, Kalmar, Schweden
Einordnung des Berichts
„Der Bericht unterschlägt einige wesentliche Punkte: Erstens ist der Ausgangspunkt des Berichts eine ‚umweltverträglichere‘ Luftfahrt bis zum Jahr 2050. Es ist unklar, warum die Luftfahrt weniger ambitiöse Klimaziele als andere Sektoren erreichen soll, insbesondere, da es sich um einen Wachstumssektor handelt. Hier wird gern auf die globale Entwicklung verwiesen, dabei aber ignoriert, dass gerade die Deutschen besonders hohe Reiseemissionen verursachen. Diese werden wiederum von nur etwa einem Drittel Bevölkerung verursacht und hier besonders von den Vielfliegern.“
„Zweitens ist die technische Reife der vorgestellten Technologien optimistisch. Zum Beispiel gibt es keine Veröffentlichungen, die batterieelektrischen Flugzeugen relevante Anteile – mehr als fünf Prozent – der Nachfrageabdeckung zutrauen. Es werden keinerlei Angaben gemacht zu den verfügbaren Mengen an nachhaltigen biomassebasierten Treibstoffen, hier sind schon jetzt Produktionsengpässe zu verzeichnen. Bei den E-Fuels (power-to-liquid) gibt es keine funktionierenden Pilotanlagen – der Bericht stellt es so dar, als seien nur die benötigten Strommengen ein Problem. Tatsächlich gibt es hier aber eine dreifache Problemhierarchie: Die Technik ist herausfordernd und schwer skalierbar; sie wird, wenn sie denn funktioniert, gewaltige Strommengen verbrauchen, die an anderer Stelle der Elektrifizierung fehlen werden; und der Preis für E-Fuels wird so hoch sein, dass keine Fluggesellschaft diese freiwillig nutzen wird. Es ist viel günstiger, dann Strafen zu zahlen. Beim Wasserstoff ist vollkommen unklar, wann erste Flugzeuge werden fliegen können – diese werden in jedem Fall klein sein.“
„Drittens berücksichtigt der Bericht nicht die sehr langen Entwicklungszeiten für neue Flugzeugtypen, die eher bei 15 Jahren und mehr liegen – während ein Flugzeug eine Lebenszeit von 25 Jahren hat. Das heißt, dass eine Umstellung bis 2050 vollkommen unrealistisch ist.“
„Viertens wird der wichtigste Ansatz der Emissionseinschränkung – die Reduzierung der Nachfrage nach Flügen – kaum diskutiert. Eine wichtige Maßnahme hierfür ist die Besteuerung vor allem von Langstreckenflügen, die die größten Emissionsbeiträge verursachen. Etwa 25 Prozent der Flüge mit den weitesten Strecken machen 70 Prozent der Emissionen aus.“
„Insgesamt erwarte ich von einem solchen Bericht, dass eine klare Aussage getroffen wird: Das Ziel einer auch nur annähernd klimaneutralen Luftfahrt ist bis 2050 unerreichbar, sofern nicht deutlich drastischere Maßnahmen wie Besteuerung oder Einspeisequoten getroffen werden. Forschung- und Entwicklungsförderung kann die Probleme nicht lösen und macht außerdem den Staat mitverantwortlich für die Lösung. Verantwortlich ist die Luftfahrt.“
Nationale und internationale Maßnahmen
„Große Emissionsminderungspotenziale liegen in einer Reihe von Maßnahmen, die berücksichtigen, wer besonders viele Emissionen verursacht: Erstens verursacht eine sehr kleine Gruppe von Vielfliegern mit mehr als zehn Flugreisen pro Jahr einen Großteil der Emissionen. Diese Gruppe fliegt häufig in der Premium-Klasse, die wiederum drei- bis fünfmal höhere Emissionen verursacht als die Economy Class. Diese Gruppe einzuschränken beziehungsweise zu mehr Flügen in der Economy zu zwingen, hat ein sehr hohes Emissionsminderungspotenzial. Sollte diese Gruppe nur noch halb so häufig und in der Economy Class fliegen, dann könnten rund 25 Prozent der Emissionen eingespart werden. Hilfreich wäre hier auch ein Verbot von Frequent Flier Bonusprogrammen, die zu weiteren Reisen und Upgrades ermuntern.“
„Zweitens übernehmen Reisende keine Verantwortlichkeit für ihre Emissionen. Gleichzeitig suggerieren die Fluggesellschaften, dass Lösungen entwickelt werden. Das führt dazu, dass einfach weitergeflogen wird, ohne Reflektion über die Konsequenzen. Fluggesellschaften sollten kommunizieren, dass eine nachhaltige Luftfahrt deutlich teurer sein wird. Der Staat sollte CO2 besteuern, auf der Basis der tatsächlichen gesellschaftlichen Kosten. Das wären 200 Euro pro Tonne CO2, im Flugverkehr eigentlich 600 Euro aufgrund der Höheneffekte.“
„Drittens: Es ist klar, dass es keine internationalen Ambitionen gibt, die Luftfahrt klimaneutral zu machen. Es ist eine Illusion zu glauben, die ICAO und ihr CORSIA-Programm würden dazu beitragen. Daher ist nur auf der Basis nationaler oder regionaler (EU) Alleingänge überhaupt politisch etwas zu erreichen. Alle Maßnahmen haben gleichzeitig eine Signalwirkung wie Frankreichs Verbot von Kurzstreckenflügen oder die Reduktion von Langstreckenslots am Flughafen Amsterdam Schiphol.“
„Viertens muss die Politik berücksichtigen, dass es billiger ist Strafen zu zahlen, als Klimaziele zu erreichen – zum Beispiel bei der Einspeisequote (drop-in-quota). Es wird unmöglich sein, die ReFuel-Vorgabe von zwei Prozent synthetischer Kraftstoffe bis 2030 zu erreichen. Was bedeutet das politisch? Hier müsste klar sein, dass Flughäfen dann beispielsweise Slots reduzieren müssen, um entsprechende Emissionsminderungen zu erreichen. Es braucht diesen Druck, um Emissionen zu reduzieren.“
Leiter Bereich Energie & Klimaschutz, Öko-Institut e.V., Berlin
Einordnung des Berichts
„Der Luftverkehr gehört zu den Wirtschaftsbereichen, in denen die Treibhausgasemissionen schwerer zu vermeiden sind als in anderen Wirtschaftsbereichen, da fossile nur indirekt durch erneuerbare Energieträger ersetzt werden können. Insofern spielt die Entwicklung von alternativen Kraftstoffen und Antriebskonzepten eine wichtige Rolle auf dem Weg zum klimaneutralen Luftverkehr. Kurzfristig können nachhaltige Biokraftstoffe einen Beitrag zur Minderung leisten. Die Verfügbarkeit von Biokraftstoffen ist begrenzt, sodass aus erneuerbarem Strom hergestellte synthetische Kraftstoffe (E-Fuels) mittel- bis langfristig die wichtigste technologische Minderungsoption vor allem für Langstreckenflüge darstellen. Allerdings ist fraglich, ob technologische Lösungen ausreichen, wenn nicht zugleich das Nachfragewachstum nach Flügen verringert und langfristig die Nachfrage nach Flügen reduziert werden kann. Die Rolle der Nachfrage und von Instrumenten zur Regulierung der Nachfrage wird im TAB-Bericht nicht hinterfragt und nicht hinreichend untersucht.“
Internationale Maßnahmen
„Der Luftverkehr ist ein genuin internationaler Wirtschaftsbereich, in dem deshalb internationale Kooperation besonders wichtig ist. In Europa wurde der Luftverkehr deshalb schon 2012 in das Europäische Emissionshandelssystem integriert. Darüber hinaus gilt ab 2025 eine Beimischungspflicht für nachhaltige Kraftstoffe. Beide Politikinstrument tragen zur Minderung der Treibhauswirkung bei, wobei eine Anschubförderung für die Produktion von nachhaltigen Flugkraftstoffen den Aufbau von Produktionskapazitäten und technologischem Know-how in Deutschland und Europa beschleunigen könnte. Jenseits Europas werden die Treibhausgasemissionen des Luftverkehrs durch CORSIA geregelt. Dabei wird das Wachstum der CO2-Emissionen durch Minderungszertifikate in anderen Sektoren ausgeglichen. Während die Bundesregierung sich bereits für deutlich mehr Minderungsambitionen im globalen Kontext einsetzt, wird die Unzulänglichkeit der Politikinstrumente auf internationaler Ebene im TAB-Bericht kaum erwähnt und nicht adäquat bewertet.“
Nationale Maßnahmen
„Die wirkmächtigsten Instrumente zur Treibhausgasminderung im Luftverkehr werden auf europäischer Ebene vereinbart. Insofern ist der Spielraum der Bundesregierung für zusätzliche Initiativen begrenzt. Die Verantwortung für Forschung und Entwicklung liegt jedoch bei den Mitgliedsstaaten. Wenngleich das Forschungsprogramm in den letzten Jahren bereits aufgestockt wurde, ist es sinnvoll weitere Mittel auszuweiten – vor allem für Technologien und Politikinstrumente, mit denen die nicht-CO2-Wirkungen des Luftverkehrs drastisch gemindert werden können. Der Verweis auf weiterhin bestehende wissenschaftliche Unsicherheiten bezüglich der komplexen Wirkungsketten ist unangebracht, da der Kenntnisstand so weit fortgeschritten ist, dass zum Beispiel Instrumente zur Vermeidung der Entstehung von Kondensstreifen schon jetzt ergriffen werden können. Der Gold Standard (Zertifizierungsrahmen für Emissionsreduktionen, wird von der Gold Standard Foundation veröffentlicht; Anm. d. Red.) hat zum Beispiel ein Konzept angenommen, mit dem sich Fluggesellschaften Vermeidung von Kondensstreifen als Treibhausgasminderung zertifizieren lassen können.“
Reduzierung des Flugverkehrs
„Ein wichtiger Beitrag zur Minderung der Treibhauswirkungen des Luftverkehrs ist die Verlagerung auf andere, klimafreundlichere Verkehrsmittel wie den Schienenverkehr. Allerdings sind die Kapazitäten begrenzt und können nur sukzessive erweitert werden. Insofern leisten Strategien zur Vermeidung von Flügen einen zunehmend wichtigeren Beitrag auf dem Weg zur Klimaneutralität des Luftverkehrs. Viele Flüge können – wie während der Pandemie deutlich wurde – durch Videokonferenzen ersetzt werden. Darüber hinaus können Flüge eingespart werden, wenn Urlaube oder Besuche, die Langstreckenflüge erfordern, seltener, aber länger durchgeführt werden oder Urlaubziele gewählt werden, die ohne Flüge erreicht werden können.“
Institut für Flugantriebe und Strömungsmaschinen, Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig
Einordnung des Berichts
„Grundsätzlich finde ich den Bericht gelungen, da er versucht, eine vielschichtige und komplexe Thematik nicht nur zu analysieren, sondern auch Handlungsempfehlungen daraus abzuleiten. Sehr gut ist dabei, dass Definitionen auch für schwierige Zusammenhänge (beispielsweise Klimaneutralität versus Zero-Emission, Flächenverbrauch) gegeben und vollständig erläutert werden. Die Rahmenbedingungen werden ebenso sorgfältig dargestellt, wie auch der Klima-Impact der Luftfahrt. Bei letzterem wird ebenfalls sorgfältig auf die Diskussion und den Stand der Erkenntnis zu CO2- gegenüber nicht-CO2-Effekten eingegangen. Auch die Diskussion zu alternativen Treibstoffen (Sustainable Aviation Fuel (SAF) und H2) gelingt gut und wird meiner Ansicht nach in sinnvolle Analysen und Empfehlungen überführt, wie beispielsweise den Markthochlauf von SAF unterschiedlicher Produktionsrouten – manche von denen eher als Brückentechnologie – bis zur Bedeutung von H2 als Energieträger.“
„Etwas zu kurz kommt meiner Einschätzung nach der gesamte Bereich der Verbrauchssenkung durch deutlich effizientere Flugzeuge. Vielmehr könnte der Eindruck entstehen, dass neue, alternative Treibstoffe und die Weiterentwicklung elektrischer Komponenten beziehungsweise der Antriebssysteme das Problem langfristig hinreichend adressieren. Allerdings können diese Technologien auch langfristig nicht das Problem der Langstreckenflüge, die auch im Bericht für mehr als 50 Prozent der Emissionen verantwortlich gemacht werden, lösen. Hierfür sind die Leistungsdichten der elektrischen Antriebe einerseits und die Verfügbarkeiten alternativer Treibstoffe andererseits nicht ausreichend – beziehungsweise die Herstellungskosten der alternativen Treibstoffe zu hoch. Vielmehr ist auch das Ergebnis der durchgeführten Veröffentlichungsstudie ein Beleg dafür, dass elektrische Antriebe in all ihren Formen und gerade in Kopplung mit H2 eine gute zukünftige Alternative für die Regional- und Kurzstrecke und vielleicht auch für die untere Mittestrecke sind. Etwas irreführend erscheint mir auch die Aufnahme von UAV/UAS (Unmanned Aerial Vehicle/System; Anm. d. Red.) in die Veröffentlichungsanalyse, da deren Technologien nach meiner Auffassung keinen signifikanten Beitrag zur Senkung der Emissionenbeziehungsweise der Klimawirkung der Luftfahrt leisten werden.“
„Für zukünftige Langstreckenverbindungen – wenn man sie denn noch will – braucht es andere Technologien und eine radikalere Senkung des Missionsenergieverbrauchs. Auch die geo-ökonomische Facette des globalen Langstreckenverkehrs wird nicht im Detail angesprochen. Dieser kann nur operativ und technologisch ‚harmonisiert‘ funktionieren, also mit gleichen Technologien (Treibstoffe, Antriebssysteme, Abfertigungsprozesse) am Start- und Zielflughafen. Dies schließt auch gesellschaftliche Erwartungshaltung an das Fliegen beziehungsweise Bereitschaften zur Reduzierung der Erwartungen mit ein. Ein wichtiges Stichwort ist hier das ‚langsamere Fliegen‘, also eine deutliche Einsparung von Energie durch eine Reduzierung der Fluggeschwindigkeit um 15 bis 25 Prozent, welche aber zu Lasten der Reisezeit geht.“
„Sehr gut wird demgegenüber das nationale Fördersystem Lufo im Kontext der Innovationsförderung herausgestellt. Dies gilt besonders für den über die finanzielle Förderung der Forschungs- und Technologieentwicklung hinausgehenden Aspekt als Kopplungsmechanismus zwischen verschiedenen Ansätzen und Technologien bis hin zur Gesamtsystemfähigkeit. Letztere fehlt meiner Ansicht nach in der deutschen Innovationslandschaft. Während es sehr gute Innovationen und Unternehmen im Bereich der Komponenten und Subsysteme gibt, fehlt uns ein nationaler Systemintegrator.“
Einhaltung der Klimaziele
„Einen Verbleib beim ‚business as usual‘ kann es meiner Ansicht nach nicht geben, dazu sind die nationalen und europäischen Vorgaben und Erwartungshaltungen zu klar definiert. Dennoch besteht eine Gefahr, dass die aktuell verfolgten Technologien am Ende nicht in allen Segmenten so wirken, wie es die integralen Klimaziele für die Luftfahrt erfordern. An dieser Stelle ist meiner Ansicht nach ein noch engerer Schulterschluss der nationalen und europäischen Aktivitäten nötig, die dann nicht nur den innereuropäischen Kurz- und Mittelstreckenverkehr fokussieren, sondern globale Lösungen. Denn schon innerhalb des europäischen Ökosystems wird deutlich, dass Verlagerungsstrategien zum Beispiel auf die Schiene nur in den Ballungsräumen Zentraleuropas gut funktionieren, aber nicht auf alle Mitgliedsstaaten übertragbar sind. Erweitert man den Blick in Richtung globale Luftfahrt, so wird deutlich, dass Verlagerungsstrategien dann nochmals weniger greifen können.“
Institut für Physik der Atmosphäre, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR), Oberpfaffenhofen, und Chair for Climate Effects of Aviation, Delft University of Technology, Niederlande
Einordnung des Berichts
„Die Analyse ‚Innovative Antriebe und Kraftstoffe für einen klimaverträglicheren Luftverkehr‘ weist zu Recht auf die wichtige Rolle der sogenannten nicht-CO2-Effekte des Luftverkehrs hin, also etwa die Bildung von Kondensstreifen oder die Bildung von Ozon durch Stickoxidemissionen. Die Schlussfolgerung, dass das Verhältnis zwischen der Wirkung von CO2 und nicht-CO2-Effekten sehr stark von beispielsweise der Flugstrecke und dem Flugzeugtyp abhängt, ist sowohl richtig als auch wichtig. Sie fließt aber nur sehr stark vereinfacht in die Technologie-Bewertung mit ein. Die Komplexität der Berechnungsmethoden der nicht-CO2-Effekte wird auch bei der Diskussion des europäischen Emissionshandels erwähnt (Seite 34). Wichtig wäre hier die Schlussfolgerung, dass gerade wegen der großen Bedeutung der nicht-CO2-Effekte eine solche Methodik operationalisiert werden müsste, die eben auch Unsicherheiten berücksichtigt, um zum Beispiel konservative Abschätzungen zu ermöglichen.“
„Im Wesentlichen liefert der Bericht einen guten Überblick und es ist natürlich eine ziemliche Herausforderung, ein so weites Feld zu bewerten. Der Bericht konzentriert sich zwar auf ‚Innovative Antriebe und Kraftstoffe‘, spricht aber auch andere Bereiche sinnvollerweise an. Zurzeit werden auch operationelle Verfahren diskutiert und getestet, wie klimaoptimierte Flugplanung, die darauf abzielen, die Gesamtklimawirkung des Luftverkehrs durch die Vermeidung klimasensitiver Regionen zu minimieren. Der Bericht könnte hier sicherlich ergänzt werden [1]. Ähnliches gilt für den Flugzeugentwurf, der ebenfalls erhebliche Wirkungspotenziale beinhalten kann. Im Allgemeinen gibt es zu den vielen angesprochenen Bereichen eine erhebliche Anzahl an Studien, und deren belastbare Konsolidierung ist oftmals schwierig. Die hier angegebene Reduktion der Klimawirkung durch den Einsatz von E-Fuels mag in anderen Studien durchaus höher liegen.“
„Eine wichtige Schlussfolgerung des Berichts ist sicherlich, dass es keine einzelne Technologie gibt, die zu einer Reduzierung der Klimawirkung des Luftverkehrs führt, sondern dass eine Kombination vieler Maßnahmen aus den Bereichen Flugzeugentwurf, Antriebe, Treibstoffe und Flugführung hier notwendig ist.“
Nationale und internationale Maßnahmen
„Der Großteil der Klimawirkung des Luftverkehrs resultiert aus dem internationalen Verkehr, daher könnten sich nationale Regeln als schwierig darstellen. Der Bericht weist hier zu Recht auf die Rolle des europäischen Emissionshandels hin. Von großer Bedeutung sind auch Demonstratoren-Projekte, wie zum Beispiel D-KULT (LuFo), um den Wissenstransfer von Forschung und Entwicklung im täglichen Betrieb zu beschleunigen. Diese können auch national vorangetrieben werden. Die internationale Kooperation hinsichtlich des Verständnisses der nicht-CO2-Effekte ist sehr erfolgreich und notwendig für den Weg zu einer klimaverträglichen Luftfahrt.“
„Es liegt kein Interessenkonflikt vor.“
„Ich wurde von den Autor:innen der Studie als Expert:in ausführlich interviewt. Entsprechend wurde ich mehrfach zitiert. Dies beeinflusst nicht meine Bewertung der Studie, sodass meines Erachtens kein Interessenkonflikt vorliegt.“
„Ich selbst war als Interviewpartner in die inhaltliche Erstellung des Berichtes eingebunden, bin auch entsprechend im Anhang (Kapitel 9) genannt. Diese Einbindung erfolgte im Rahmen meiner Tätigkeit an der TU Braunschweig und als Leiter des Exzellenzclusters für Nachhaltige und Energieeffiziente Luftfahrt (SE²A). In SE²A wird interdisziplinäre Grundlagenforschung für nachhaltigere und umweltverträglichere Luftfahrtkonzepte unter Beteiligung der TU Braunschweig, des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), der Leibniz Universität Hannover (LUH) sowie der TU Delft betrieben.“
„Keine Interessenkonflikte.“
Primärquelle
Hungerland T et al. (2024): Innovative Antriebe und Kraftstoffe für einen klimaverträglicheren Luftverkehr. Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB).
Literaturstellen, die von den Expert:innen zitiert wurden
[1] Dahlmann K et al. (2023): Klimawirkung des Luftverkehrs: Wissenschaftlicher Kenntnisstand, Entwicklungen und Maßnahmen. Umweltbundesamt.
Prof. Dr. Stefan Gössling
Professor für Tourismus, School of Business and Economics, Linnaeus University, Kalmar, Schweden
Dr. Martin Cames
Leiter Bereich Energie & Klimaschutz, Öko-Institut e.V., Berlin
Prof. Dr. Jens Friedrichs
Institut für Flugantriebe und Strömungsmaschinen, Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig
Prof. Dr. Volker Grewe
Institut für Physik der Atmosphäre, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR), Oberpfaffenhofen, und Chair for Climate Effects of Aviation, Delft University of Technology, Niederlande